Sven Giegold

Macht mit bei: Right to Water!
Grüne wehren sich im Europaparlament gegen Wasserprivatisierung

In den letzten Tagen haben wir viele Nachfragen zum Thema Privatisierung der Wassserversorgung bekommen, denn die EU-Kommission plant die Privatisierung des Wassers durch die Brüsseler Hintertür. Dazu passend läuft derzeit die erste Europäische Bürgerinitiative mit großem Erfolg zum Thema Wasser in öffentlicher Hand. Die Kampagne „Right2Water“ ist erfolgreich angelaufen – so ist es erfreulicherweise gelungen, das Thema breit ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.

Als Grüne/EFA-Fraktion  im Europaparlament lehnen wir den Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung von Dienstleistungskonzessionen ab. Wir haben in mehreren Ausschüssen Anträge gestellt, den Vorschlag abzulehnen bzw. ersatzweise wenigstens Wasser und  Sozialdienstleistungen auszunehmen. Ich habe dazu auch persönlich mit Kommissar Barnier gesprochen, der sich aber leider unseren Argumenten nicht aufgeschlossen zeigt.

Unsere Position wird auch von einzelnen Mitgliedern anderer Fraktionen unterstützt, leider aber nicht von der Mehrheit des Europäischen Parlamentes. Am 24.1. wird der federführende Ausschuss (IMCO) darüber abstimmen, und wir werden uns dafür einsetzen, dass danach noch das gesamte Parlament im Plenum darüber abstimmt. [Update 28.01.2013:  Leider haben aber unsere Anträge die Richtlinie abzulehnen, wenigstens aber das Wasser auszunehmen, keine Mehrheit im federführenden Ausschuss (IMCO) am 24.1. bekommen. Die großen Fraktionen sowie die Liberalen haben mehrheitlich für diese Richtlinie gestimmt. Wir hoffen nun wenigstens mit Unterstützung der Konservativen noch eine Abstimmung im Plenum des Europaparlamentes durchsetzen zu können bevor die Verhandlungen mit Rat und Kommission beginnen.]

Während sich im Europaparlament fraktionsübergreifend deutsche Abgeordnete gegen die Pläne von Barnier engagieren, ist die schwarz-gelbe Bundesregierung völlig untätig. Der federführende FDP-Wirtschaftsminister Rösler nutzt seinen Einfluss im Rat der Mitgliedsländer nicht, um das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen zu schützen.

Was bringt die in Frage stehende Richtlinie? Die Richtlinie verlangt nicht die Privatisierung des Wassers, dazu hätte die EU auch gar keine Regelungskompetenz. Sie erschwert aber erheblich die Bedingungen für Stadtwerke und kommunale Zweckverbände und schafft eine komplexe und unsichere Rechtslage für den öffentlichen Sektor. Sie erzeugt somit Druck  auf viele Kommunen, ihre Wasserkonzessionen künftig europaweit auszuschreiben, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen und keinen langwierigen Rechtsstreit zu provozieren.

Außerdem verschärft die Richtlinie die Bedingungen für die Kommunen, die aus Finanznot – und weil ihnen das in der Vergangenheit von allen Seiten so empfohlen wurde – Private mit ins Boot geholt haben. Häufig fehlt nun das Geld für den Rückkauf und die Kommune wird gezwungen – obwohl die Bürgerinnen und Bürger das mehrheitlich nicht wollen – vollständig zu privatisieren.

Für Mitgliedsländer, die finanzielle Unterstützung durch den ESM bekommen, wird der Zwang zur Privatisierung praktisch durch die Hintertür eingefährt. So hat die EU-Kommission im Rahmen der Empfehlungen der Troika für Portugal und Griechenland die Privatisierung des Wassersektors verlangt – siehe: http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/917

Das wesentliche Gegenargument gegen diese Richtlinie ist aber, dass sie völlig die Bedingungen ausklammert, unter denen heute Dienste der Daseinsvorsorge wie das Wasser erbracht werden müssen. Angesichts der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, einer hohen und wachsenden Staatsverschuldung, angesichts drohender Konsequenzen von Klimawandel und demographischer Entwicklung braucht der öffentliche Sektor Spielräume für Modernisierung und Effektivierung. In vielen Bereichen stehen hohe Investitionen an, die eine Kommune allein nicht bewältigen kann, dafür bedarf es der Kooperation mit anderen Kommunen. Nach einer Studie der Kommission können durch kommunale Kooperationen bis zu 30 % der Kosten gespart werden. Diese hohen Synergieeffekte werden nun durch diese Richtlinie beschnitten und der öffentliche Sektor gezielt schlechter gestellt als der Private.

Wir werden weiterhin uns dafür einsetzen, diese Richtlinie zu verhindern. Wir hoffen, dass eine breite Unterstützung für die Europäische Bürgerinitiative „Wasser als Menschenrecht“  – siehe http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/895 und http://www.right2water.eu/de dazu beitragen kann den Druck zu verstärken und rufen dazu auf, diese Initiative zu unterzeichen und weiter zu verbreiten.

Wer mehr zum Thema wissen will: Hier gibt es einen sehenswerten Beitrag das ARD-Magazins Monitor zum Thema.