Morgen wird der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments die nominierten Kandidaten anhören und über die Ernennung für drei Spitzenpositionen in der EZB (Philip Lane), EBA (José Manuel Campa) und SRB (Sebastiano Laviola) abstimmen. Die Abstimmung im ECON muss dann noch durch das Plenum des Europaparlament bestätigt werden. In der Vergangenheit hat der Ausschuss mehrfach das ungleiche Geschlechterverhältnis bei den Nominierungen für die Spitzenpositionen im Finanzbereich der EU kritisiert. Derzeit gibt es im Direktorium der EZB nur eine Frau neben fünf Männern, eine Frau neben 29 Männern im Erweiterten Rat der EZB und eine Frau als Vorsitzende der SRB neben fünf Männer im Vorstand, während der SSM und die drei ESAs von Männern geleitet werden. Mit den geplanten Ernennungen wird sich diese Situation noch verschlechtern. Daniela Nouy und Sabine Lautenschläger, zwei erfolgreiche Top-Frauen in der Finanzaufsicht, haben kürzlich turnusgemäß ihre Positionen verloren und wurden oder werden wohl in naher Zukunft durch Männer ersetzt.
Versuche von uns Grünen bei mehreren Treffen der ECON-Koordinatoren Unterstützung für eine härtere Linie des Ausschusses in Sachen Geschlechterverhältnis in Nominierungsverfahren zu gewinnen, scheiterten an der mangelnden Unterstützung unter anderem von EVP und S&D.
Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Trotz der Forderungen des Europaparlaments nach mehr Frauen in den Finanz-Spitzenpositionen der EU haben Rat und Kommission erneut nur Männer in die engere Auswahl genommen. Die letzten Erklärungen von Eurogruppen-Präsident Mario Centeno und der EZB, bei künftigen Nominierungen ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu gewährleisten, erweisen sich als leere Ankündigungen. Mit der morgigen Ernennung von drei Männern würde der ECON-Ausschuss Unentschlossenheit demonstrieren, die eigenen Positionen für mehr Geschlechtergerechtigkeit auch durchzusetzen. Die Entscheidungen des Rates zu Ernennungen im Hinterzimmer führen regelmäßig zu zweifelhaften Ergebnissen. Die morgige Entscheidung würde den bereits mittelalterlichen Status quo bei den Top-Positionen in der EU-Finanzpolitik verschlechtern, indem sie den Frauenanteil sogar reduziert. Unser Einwand gegen alle Kandidaten ist unabhängig von ihrer allgemeinen Eignung und ihrem Auftreten in der Anhörung. Das Parlament muss die Samthandschuhe ausziehen, um bei der Gleichstellung der Geschlechter in Spitzenpositionen Fortschritte zu erzielen.
Wir fordern den ECON-Ausschuss auf, morgen geschlossen gegen alle Kandidaten zu stimmen als Zeichen gegen Nominierungsverfahren, die zu einer systematischen Bevorzugung von Männern führen. Die Nominierungsverfahren müssen endlich überholt werden, um die Auswahl der best-qualifizierten Kandidaten und echte Chancengleichheit zu gewährleisten. Es wäre ein Zeichen der Schwäche des Europäischen Parlaments, wenn wir den Dienst nach Vorschrift durch die Ernennung von drei weiteren Männern fortsetzen würden, nachdem Rat und Kommission nur männliche Kandidaten präsentiert haben“.
Schreiben des ECON-Ausschusses mit sechs Forderungen zur Reform des Ernennungsverfahrens an Mario Centeno: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/03/18-03-14_Letter_Centeno_ECB_Appointment_procedures.pdf
Die schwache Reaktion von Mario Centeno, die bisher zu keiner ernsthaften Reaktion der Mehrheit im Europäischen Parlament geführt hat: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/03/18-03-14_Response_Centeno.jpg
Link zur morgigen Anhörung im ECON-Ausschuss: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/committees/video?event=20190226-0900-COMMITTEE-ECON
Link zum Brief der Grünen/EFA Fraktion an Antonio Tajani: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2019/03/190304-letter-President-Tajani.pdf
Zeitplan der Anhörungen und Abstimmungen:
- Ernennung eines Mitglieds des Single Resolution Board: 9.45 – 10.25
- Ernennung eines Mitglieds des Direktoriums der Europäischen Zentralbank: 10.30 – 11.25
- Ernennung des Vorsitzenden der Europäischen Bankaufsichtsbehörde: 11.30 – 12.25 Uhr