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Liebe Freundinnen und Freunde,
am Wochenende haben wir unser Wahlprogramm zur Bundestagswahl beschlossen. Wegen der vorgezogenen Wahl hatten wir sehr viel weniger Zeit als üblich und der ganze Prozess war sehr gedrängt. Daher war ich die letzten Wochen intensiv damit beschäftigt, in den Programmprozess viele politisch wichtige Punkte einzubringen. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Europa zieht sich wie ein roter Faden durch das Wahlprogramm.
So viel Europa war noch nie in einem grünen Bundestagswahlprogramm.
Hier findet Ihr meine Parteitagsrede zur Einbringung des 3. Kapitels: https://www.youtube.com/watch?v=MMJi0eN1fOM
Natürlich stand der Parteitag voll im Eindruck der Ankündigung von Friedrich Merz seine extremen migrationspolitischen Vorstellungen mit der Brechstange durchzusetzen – sogar mit Hilfe der AfD. Ebenso prägten die Ankündigungen von Donald Trump, ein starkes Amerika mit einem neuen Unilateralismus durchzusetzen, den Parteitag.
Es wurde in allen wichtigen Reden deutlich: Wir verteidigen europäisches und internationales Recht und stellen uns gegen den Rechtsruck. Wir lassen der CDU/CSU nicht durchgehen, dass sie unter Wahlkampfdruck einfach einreisst, was sie selbst geschaffen hat: 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges gilt mehr denn je die Lehre aus Vernichtung, Vertreibung und Verderben: Unser gemeinsames europäisches Recht hat Vorrang und schützt vor nationalen Alleingängen. Ein Deutschland, das sich für das Völkerrecht und internationale Verrechtlichung statt die Macht des Stärkeren einsetzt.
Im einzelnen noch einige bemerkenswerte Beschlüsse im neuen Bundestagswahlprogramm aus meiner Sicht:
1. Gasunabhängigkeitsstrategie und strengeres Klimaschutzgesetz
Wir haben beschlossen, eine Gasunabhägigkeitsstrategie auf den Weg zu bringen. Denn wir müssen schnellstmöglich RAUS aus Kohle, Öl UND Gas – und dürfen uns nicht länger von autoritären fossilen Staat erpressbar machen lassen:
“Wir werden einen Plan für eine Gasunhängigkeitsstrategie vorlegen, die Auswirkungen auf Klima, Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie berücksichtigt. Neue Langfristverträge für den Gasimport sind nicht mit unseren Klimazielen und auch nicht mit einer europäischen Gas-Unabhängigkeitsstrategie vereinbar. Denn anstatt uns mit umwelt- und klimaschädlichem Fracking-Gas erpressen zu lassen, beschleunigen wir die anlaufende Reduktion des europäischen Gasverbrauchs sowie den Umstieg auf grünen Wasserstoff und andere erneuerbare Energiequellen. Dementsprechend werden wir in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern unsere LNG-Infrastruktur kontinuierlich auf Notwendigkeit überprüfen und Lock-In-Effekte von Gas-Infrastruktur vermeiden.”
Außerdem haben wir angekündigt die Sektorverantwortung im nationalen Klimaschutzgesetz wieder zu stärken. Die Reform des Klimaschutzgesetzes war ein schwerer Kompromiss für uns Grüne in der Ampel-Regierung. Dafür haben wir die Zustimmung der Bundesregierung zum Green Deal-Paket der EU und damit den Kohleausstieg bekommen. Aber die Sektorverantwortung im Klimaschutzgesetz zu schwächen, war gerade mit Blick auf den Verkehrssektor ein bitteres Zugeständnis. Das wollen wir korrigieren, weil sich gerade im Verkehr zeigt, dass auch im Mobilitätsbereich schnellere Fortschritte für eine echte Verkehrswende notwendig sind.
2. Green Deal verteidigen und umfassend umsetzen
Wir werden den Green Deal entschlossen verteidigen, denn:
“Mit dem europäischen Green Deal haben wir in den vergangenen drei Jahren große Fortschritte auf dem Weg hin zur Klimaneutralität Europas erzielt und gleichzeitig begonnen, die europäische Wirtschaft und Industrie zu modernisieren. Das wirkt: Obwohl der Green Deal angegriffen wird, ist die EU auf Kurs, ihre Klimaziele zu erfüllen. Jetzt braucht die Wirtschaft Planungssicherheit. Wir stellen uns der Abschwächung des Greens Deals und des „Fit for 55“-Pakets mit seinen Gesetzen entgegen und wollen, dass sie europaweit konsequent und möglichst unbürokratisch umgesetzt werden. Deutschland spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Großen Koalitionen hatten hohe Klimaschutzziele beschlossen, aber keinen Plan und keine Maßnahmen entwickelt, wie diese Ziele erreicht werden. Wir haben Deutschland und Europa erstmals auf einen Pfad gebracht, diese Lücke zu schließen. Es hängt vom entschiedenen Handeln der nächsten Bundesregierung ab, ob sie diese Chance nutzt und die Ziele auch erreicht, durch konkrete Maßnahmen wie die Unterstützung für den geplanten europäischen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude und den Clean Industrial Act.”
3. Lieferketten
Wir stehen für fairen Handel und das europäische Lieferkettengesetz:
“Die EU-Lieferkettenrichtlinie ist eine große Errungenschaft: Verbraucher*innen in Europa können sicher sein, dass Produkte, die sie hier kaufen, frei von Ausbeutung und Kinderarbeit entstanden sind. Wir sorgen dafür, dass die Lieferkettenrichtlinie unbürokratisch in deutsches Recht übertragen wird. So schaffen wir einen Binnenmarkt, in dem die europäische Wirtschaft durch unseren Einsatz für das europäische und deutsche Lieferkettengesetz global Verantwortung übernimmt.”
4. Plattformregulierung und das ParteispendenWährend die Tech-Oligarchen pro Nase eine Million Dollar bezahlten, um bei Trumps Amtseinführung in der ersten Reihe zu sitzen, begrenzen wir konsequent die Macht von Plattformen, die Demokratie und faire Märkte bedrohen:
“Auf europäischer Ebene wollen wir dazu das von der Kommission bereits vorgeschlagene New Competition Tool wiederbeleben, vor allem um heimische Unternehmen vor unfairen Praktiken globaler Großunternehmen zu schützen. Die schon jetzt übermächtigen Plattformunternehmen wollen wir an der Ausweitung ihrer Macht auf weitere Geschäftsbereiche, etwa im Finanzmarkt, hindern und dafür das Wettbewerbsrecht in aller Härte nutzen. Umgekehrt sollen kleine Übernahme- und Fusionsfälle in Deutschland und Europa von bürokratischen Verfahren entlastet werden.”
Damit der Einfluss des großen Geldes auf die Politik auch in Deutschland begrenzt wird, setzen wir uns für Obergrenzen für Parteispenden ein. Wir dürfen nicht zulassen, dass demokratische Wahlen immer mehr vom Zugang zum Geld von Vermögenden beeinflusst werden. Deshalb brauchen wir einen jährlichen Höchstbetrag pro Spender*in.
5. Rente und gute AlterssicherungWährend einige wenige immer reicher werden, droht immer mehr Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, ein Alter in Armut. Deswegen sorgen wir für eine auskömmliche Rente für alle.
“Langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherte dürfen im Alter eine auskömmliche Rente erwarten. Das gilt auch für künftige Rentner*innen. Daher werden wir das gesetzliche Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent halten und nachhaltig stabilisieren. Auch Menschen mit geringem Einkommen unterstützen wir dabei, auskömmliche Rentenansprüche zu erwerben und so Altersarmut zu vermeiden. Die Grundrente werden wir zu einer Garantierente nach 30 Versicherungsjahren weiterentwickeln, die deutlich mehr Menschen als bisher einbezieht und finanziell besser stellt.”
“Über einen Bürger*innenfonds wollen wir die Renten im unteren und mittleren Bereich stärken, sowie allen eine kostengünstige und ertragreiche private Vorsorge ermöglichen.”
Die wichtigsten Elemente unserer Altersvorsorgepolitik, die ich für den Bundesvorstand verhandelt habe, findet Ihr hier:
https://sven-giegold.de/gruene-alterssicherung-gerecht-und-fuer-ein-leben-in-wuerde/
6. SteuergerechtigkeitEin funktionierendes Gemeinwesen braucht eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung. Um wichtige Investitionen in unsere Zukunft zu ermöglichen, reformieren wir die Schuldenbremse. Aber auch im laufenden Haushalt wollen wir die Kosten fairer verteilen und lassen gerade Superreiche nicht aus der Verantwortung:
“Wir haben gute Konzepte, die die Vermögensungleichheit effektiv reduzieren. Zu möglichen Ansätzen gehören: Eine globale Milliardärssteuer, eine fairere Erbschaftssteuer, eine gerechte Immobilienbesteuerung ohne Schlupflöcher und eine nationale Vermögenssteuer auf sehr hohe Vermögen. Wir wollen die Ziele Gerechtigkeit, Gemeinwohlfinanzierung und den Erhalt von Betrieben, ihren Investitionsmöglichkeiten und ihren Arbeitsplätzen zusammenbringen. Das ist alles andere als einfach, aber wir möchten endlich etwas erreichen. Deswegen fokussieren wir uns auf folgende Maßnahmen: eine Reform der Erbschaftssteuer hin zu einem Modell mit personenbezogenem Lebensfreibetrag, weitgehender Streichung bestehender Ausnahmen für außerordentlich große Erbschaften (sebstbewohntes Eigentum bleibt befreit) und großzügigen Stundensregelungen, den aktiven Einsatz für die Einführung der globalen Milliardärssteuer sowie das Schließen weiterer offenkundiger Gerechtigkeitslücken im Steuersystem, vor allem bei der Immobilienbesteuerung wie Share Deals und beim Auseinanderklaffen der Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkünften. Gewerbesteuerdumping von Kommunen werden wir durch wirksame Maßnahmen entgegentreten, unter Berücksichtigung des Hebesatzrechts der Kommunen. Die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen im Gewerbesteuerrecht streichen wir.”
Mit vielen Grüßen
Euer und Ihr Sven Giegold
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P.S.: Bitte stärkt Bluesky, eine Alternative zu Elon Musks X/Twitter, und folgt mir dort: