Gestern, am 8. Juli, stimmte das Plenum des Europäischen Parlaments über Francois-Louis Michaud als Kandidat für die Position des Exekutivdirektors der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ab. Michaud wurde mit 343 Ja-Stimmen, 296 Nein-Stimmen und 56 Enthaltungen bestätigt. Wir Grünen stimmten sowohl im Ausschuss als auch im Plenum dagegen, da die EBA nur einen männlichen Kandidaten vorgeschlagen hatte, obwohl das Europaparlament parteiübergreifend eine Frau vorgeschlagen hatte. In einer Resolution vom März 2019 hatte das Parlament zudem geschlechterausgewogene Vorschlagslisten für Spitzenpositionen in EU-Finanzinstitutionen von mindestens einem Mann und einer Frau gefordert. Auf Ausschussebene war Michaud am 3. Juli mit knapper Mehrheit (24 Nein, 23 Ja, 10 Enthaltungen) wegen der mangelnden Geschlechterausgewogenheit abgelehnt worden. Die Abstimmung im zuständigen Ausschuss diente als Empfehlung für die Schlussabstimmung im Plenum. Der vorherige Kandidat, Gerry Cross, wurde vom Europäischen Parlament aufgrund umfangreicher Lobbying-Aktivitäten in der Vergangenheit abgelehnt. Heute ist lediglich eine von achten Spitzenpositionen in der EU-Finanzaufsicht weiblich besetzt.
Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament erklärt:
„Die Zustimmung des Parlaments zu Michaud als EBA-Exekutivdirektor ist ein Rückschlag für die Gleichberechtigung in EU-Spitzenpositionen im Finanzbereich. Nachdem das Parlament im vergangenen Jahr in einer Resolution eine ausgewogene Geschlechterverteilung in den Shortlists gefordert hatte, gab es heute seine eigenen Grundsätze auf und untergrub damit seine Glaubwürdigkeit. Die EU-Finanzinstitutionen und -agenturen werden nach wie vor überwiegend von Männern geleitet, wobei sich die Zahlen in den letzten Jahren sogar noch verschlechtert haben. Michauds Engagement für ein Frauenförderprogramm ist gut, eignet sich aber eher für das mittlere Management als für Spitzenpositionen. Bei den Spitzenpositionen helfen nur geschlechterausgewogene Vorschläge. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass das Parlament endlich zu seinem Wort steht und künftige Vorschlagslisten ablehnt, in denen Männer und Frauen nicht gleichwertig vertreten sind. Da unsere Ablehnung auf rein formalen Gründen beruhte, die nichts mit seiner persönlichen Qualifikation zu tun hatte, gratulieren wir Francois-Louis Michaud zu seiner Ernennung und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit ihm als EBA-Exekutivdirektor.“
Resolution des Europaparlaments: Ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern bei Nominierungen für Positionen im Bereich Wirtschaft und Währung auf EU-Ebene:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2019-0211_DE.html
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