Sven Giegold

Sanktionsentscheidung der EU-Kommission gegen Spanien und Portugal: Nachvollziehbar, aber einseitig

Die EU-Kommission hat Sanktionen gegen Spanien und Portugal wegen Verletzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts beschlossen. Die Sanktionen müssen noch vom Rat der Mitgliedsländer mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden. Es ist die erste Entscheidung für Sanktionen im Rahmen des Pakts. Die Entscheidung kommentiert Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

“Die Sanktionsentscheidung ist nachvollziehbar, aber einseitig. Es ist richtig, dass Spanien und Portugal mit fragwürdiger Politik die Situation ihrer Staatshaushalte verschlechtert haben. Gleichzeitig haben auch Frankreich und Deutschland die wirtschaftspolitischen Regeln in der Eurozone massiv verletzt. Die EU-Kommission schürt europaskeptische Stimmungen, wenn sie kleinere Länder mit Sanktionen belegt, große Staaten aber verschont. Hier wird offensichtlich nach dem Motto verfahren: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Es ist unangemessen und einäugig, gerade in Deutschland in geiferndem Ton Sanktionen zu fordern.

Es zeugt von schlechter politischer Kultur, solch wichtige Entscheidungen mitten in der Sommerpause zu treffen. Eine breite demokratische Diskussion wird damit erschwert.

Die Austeritätspolitik kann auch sanktionsbewehrt die Krise in der Eurozone nicht lösen. Sie hat zu neuer Armut und Arbeitslosigkeit beigetragen. Nun steht zu befürchten, dass die EU-Kommission Spanien und Portugal zu neuen Einschnitten in das Sozialsystem zwingt. Die grassierende Korruption in Spanien wird von der EU-Kommission dagegen weiterhin beschwiegen, obwohl sie letztlich Hauptursache für die Probleme des Landes ist.

Stattdessen brauchen wir dringend eine gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik in der Eurozone. Die wirtschaftspolitische Arbeitsverweigerung der wichtigsten Mitgliedsländer ist unverantwortlich. Die EU-Kommission muss endlich weitreichende Vorschläge vorlegen und damit die Mitgliedsländer zur Positionierung zwingen. Eine europäische Investitionspolitik muss überschüssiges Kapital in langfristig orientierte Investitionen lenken. Mit der Energiewende, digitaler Infrastruktur und dringenden Aufgaben im Bildungs- und Gesundheitssektor ist ein europäisches Investitionsprogramm ökonomisch vernünftig und sozial wie ökologisch geboten. Wir brauchen den Green New Deal.”

 

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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