Sven Giegold

Offener Brief an EVP und ALDE zur Abstimmung über den Bericht der Untersuchungsausschusses zu den Panama Papers

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

morgen stimmen wir über die Empfehlungen des PANA-Ausschusses ab. Über nun mehrere Jahre arbeiten Abgeordnete über die Fraktionsgrenzen hinweg gut zusammen, um Missstände bei aggressiver Steuervermeidung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Europa und darüberhinaus zu beseitigen. Die Kommission hat auch deshalb zahlreiche Vorschläge zum Abstellen der von uns gemeinsam angeprangerten Missstände vorgelegt. Doch viele der 58 Änderungsanträge (15 EVP, 2 S&D, 21 GUE, 3 Grüne, 9 EFDD, 7 ENF), der 74 Anträge zur gesonderten Abstimmung ganzer Paragraphen (38 EVP, 34 ALDE, 2 ECR) und der 12 Anträge (alle EVP) zur gesonderten Abstimmung einzelner Textstellen gefährden zentrale Empfehlungen aus unserer gemeinsamen Arbeit. Ein Streichungsvorschlag betrifft sogar einen Vorschlag, den der Ausschussvorsitzende Werner Langen selbst eingebracht hatte.

 

Aus diesem Grund bitte ich Sie und Euch, die eingereichten Änderungsanträge vor der morgigen Abstimmung genau anzusehen. Insbesondere diese Änderungen brächten eine ärgerliche Schwächung unseres Berichts:

 

  • die mögliche Streichung der Empfehlung, in Steuerfragen Artikel 116 des EU-Vertrags umfassend für Mehrheitsentscheidungen zu nutzen und so die Blockade im Rat wegen des Einstimmigkeitserfordernisses zu überwinden (EVP und ALDE; Paragraph 194)
  • die mögliche Streichung der Empfehlung einer Mindestbesteuerung, zumindest in der Zins- und Lizenzrichtlinie (EVP und ALDE; Paragraph 35)
  • die mögliche Streichung eines Vorschlags für effektive Mindeststeuersätze in der EU (EVP und ALDE; Para 38; AM 173)
  • die mögliche Streichung der Aufforderung an die Kommission, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten, die EU Gesetze verletzen (ALDE; Paragraph 79)
  • die mögliche Streichung der Empfehlung eines Endes der Selbstregulierung im Bereich der Geldwäsche von Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern (EVP und ALDE; gesonderte Abstimmung zu Paragraph 115)
  • die mögliche Streichung der Empfehlung zur Mindestbesteuerung von konzerninternen Zahlungen von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren aus der EU in Drittstaaten (EVP und ALDE; Paragraph 24, AM 100)
  • die mögliche Streichung der Forderung nach Informationsaustausch zu wirtschaftlich Berechtigten, Immobilienregistern und Unternehmensregistern (EVP und ALDE; Paragraph 74, ursprüngliches AM 284)
  • die mögliche Streichung des Vorschlags für Register von Vermögenswerten (Bankkonten, Finanzinstrumente, Immobilien, Lebensversicherungen, Unternehmen, Trusts und Stiftungen), die für Geldwäsche oder Steuervermeidung missbraucht werden können (EVP; Paragraph 85; ursprüngliches AM 327)
  • die mögliche Streichung des Vorschlags Briefkastenfirmen international zu verbieten, wenn die wirtschaftlich Berechtigten nicht transparent sind (EVP und ALDE schlagen vor den Antrag des Ausschussvorsitzenden Werner Langen zu streichen; Paragraph 89)
  • die mögliche Streichung des Vorschlags für einen dauerhaft arbeitenden  Untersuchungsausschusses im Europaparlament (EVP; Paragraph 201)
  • die mögliche Streichung der Aufforderung an die Kommission, den Vorschlag für die Richtlinie über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (Societas Unius Personae, SUP) zurückzuziehen (EVP und ALDE, Paragraph 51, ursprüngliches AM 261)
  • die mögliche Streichung des Ausschlusses von Firmen mit Bezug zu Steueroasen von der Vergabe öffentlicher Aufträge (EVP und ALDE; AM 27, Paragraph 13)
  • die mögliche Streichung des Geschäftsverbots in der EU für Vermittler mit Bezug zu Steueroasen (EVP und ALDE; AM 33, Paragraph 127)
  • die mögliche Streichung des Verbots von Kontoeröffnungen und den Besitz von Briefkastenfirmen in Steueroasen durch Nicht-Einheimische und fordert stattdessen nur eine Folgenabschätzung (EVP und ALDE; AM 27, Paragraph 13)
  • die mögliche Streichung der Tatsache, dass das Double-Irish-Steuervermeidungsmodell trotz offiziellem Auslaufens wegen Lücken in den Doppelbesteuerungsabkommen Irlands über das Jahr 2020 hinaus bestehen bleibt (ALDE; Paragraph 58, AM 31)
  • die mögliche Streichung der Harmonisierung der Definition von Steuerbetrug (“tax crimes”), was die Kooperation zwischen Steuerbehörden und bei der Bekämpfung der Geldwäsche erheblich erleichtern könnte (EVP; Paragraph 92; ursprüngliches AM 356)
  • die mögliche Streichung des Vorschlags, Whistleblower europaweit und umfassend zu schützen (EVP; Paragraph 186).

 

Ich bitte Sie und Euch die Streichung zumindest dieser Punkte nicht mitzutragen.

 

Mit freundlichen europäischen Grüßen

Sven Giegold

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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