Die Enthüllungen der “Panama Papers” haben eine Diskussion über den Kampf gegen Geldwäsche und Steuerflucht losgetreten. Dazu kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
“Die Enthüllungen der ‘Panama Papers’ sind gesellschaftlicher Sprengstoff. Auch wenn deutsche Namen noch nicht bekannt wurden, wird eines ganz deutlich: Die Geldwäsche-Industrie hat ein Parallelsystem geschaffen, durch das sich Mächtige und Reiche dem Rechtsstaat und der Steuergerechtigkeit entziehen. Es entsteht der verheerende Eindruck, dass die Gesetze nicht für alle gleichermaßen gelten. Die politischen Entscheidungsträger müssen jetzt glaubhaft und entschlossen Geldwäsche und Steuerflucht mit aller Härte bekämpfen. Das Geld-Versteckspiel muss beendet werden. Wer den Skandal herunterspielt, der überlässt es den Populisten, die öffentliche Empörung darüber aufzufangen. Dann droht uns eine massive Vertrauenskrise in die politischen und wirtschaftlichen Eliten.
Es kommt jetzt auf die Antwort der politischen Verantwortungsträger an. Nur mit einer entschlossenen und glaubhaften Reaktion kann weiteres Misstrauen in die politischen und wirtschaftlichen Eliten verhindert werden. Die Trockenlegung des Steuersumpfes muss über die Banken führen. Wie in den USA, sollten auch Banken in Europa bestraft werden, wenn sie Geschäfte mit intransparenten Firmen machen. Banken müssen garantieren können, dass sie grundsätzlich nur Konten und Geschäftsbeziehungen unterhalten, bei denen sie die wirtschaftlich Begünstigten kennen und melden. In den USA heißt das entsprechende Gesetz “Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA)”. Sanktionen gegen Banken, die sich an dubiosen Geschäften beteiligen, sollten auf europäischer Ebene eingeführt werden. Denn eines ist klar: Gegen die globale Geldwäscheindustrie ist ein Staat alleine machtlos. Die Offensive gegen Geldwäsche muss europäisch und global geführt werden. Dann kann sie auch bei den hartgesottensten Häfen für Briefkastenfirmen erfolgreich sein.
EU-Kommissionspräsident Juncker ist nun in der Pflicht, einen Aktionsplan gegen Geldwäsche und Briefkastenfirmen auf den Weg zu bringen. Ein europäisches FATCA ist ein zentraler Hebel, um international erfolgreich gegen Geldwäsche vorgehen zu können. Die letzten großen Skandale – OffshoreLeaks und LuxLeaks – hat Finanzminister Schäuble genutzt, um in der EU und unter den G-20 eine erfolgreiche Koalition der Willigen zusammen zu bringen. Auch die jetzige Chance muss er nutzen und sich an die Spitze einer internationalen Bewegung für Steuergerechtigkeit stellen. Deutschland muss seine kommende deutsche Präsidentschaft der G-20 nutzen und die Bekämpfung von Geldwäsche zu einem Schwerpunkt machen.
Zu unseren Hausaufgaben in Deutschland gehört aber noch ein anderer Aspekt. Bei der Bekämpfung von Geldwäsche ist unser Staat bemerkenswert schlecht aufgestellt. In Deutschland ist für die Kontrolle von Geldwäsche häufig die kommunale Ebene zuständig. Das heißt: Die kommunale Gewerbeaufsicht oder gar Standesbeamte, bei denen Menschen ansonsten ihr Kleingewerbe anmelden, sollen Geldwäsche kontrollieren. Das ist auch ein Grund, warum die Aufklärungsquote bei uns so schlecht ist. Deutschland hat sich somit zum beliebten Ziel von Schwarzgeld gemacht.”