Sven Giegold

Peter Simon wechselt zum Sparkassenverband: Dieser Wechsel ging zu schnell 

Peter Simon (SPD) ist seit Mittwoch Bevollmächtigter des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) bei der Europäischen Union. Mit dem Finanzpolitiker Simon will der DSGV nach Aussage seines Präsidenten Helmut Schleweis die Beziehungen zu den EU-Institutionen intensivieren. Simon war von 2009 bis 2019 Europa-Abgeordneter der SPD und als Mitglied der S&D-Fraktion stellvertretender Vorsitzender des ECON-Ausschusses. Außerdem war Simon Berichterstatter im ECON-Ausschuss für das Bankenpaket und maßgeblich daran beteiligt, mehr Proportionalität in der Bankenregulierung zu verankern. Ebenso haben wir gemeinsam unter seiner Federführung daran gearbeitet, die Institutssicherung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Rahmen der Einlagensicherungsrichtlinie europarechtlich abzusichern. Seit Juli gehört Simon dem im Mai 2019 gewählten neuen Europäischen Parlament nicht mehr an. In seiner Pressemitteilung behauptet der DSGV, dass sich Simon damit seit mehr als zehn Monaten in einer sogenannten „Cooling-off“-Periode befinde, die ihm eine Tätigkeit im Wirtschaftsbereich ermögliche.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Ich habe Peter Simon als Kollegen im Wirtschaftsausschuss geschätzt und eng mit ihm zusammengearbeitet. Er hat sich insbesondere beim Abbau unnötiger Bürokratie für kleinere Banken verdient gemacht, aber auch Fortschritte gegen Steueroasen und Geldwäsche mit durchgesetzt.

Die Sparkassen spielen als Banken in öffentlicher Hand eine wichtige Rolle für die Versorgung von regionaler Wirtschaft und Kunden mit Finanzdienstleistungen. Die Sparkassen haben trotzdem in der Vergangenheit durchaus problematische Positionen bezogen, etwa beim Finanzmarktverbraucherschutz und beim Widerstand gegen schärfere Eigenkapitalanforderungen. Zudem lobbyieren in Brüssel die Banken im öffentlichen Eigentum regelmäßig gemeinsam mit den anderen deutschen Bankenverbänden und stimmen ihre Positionen miteinander ab. Nun wandern intime Kenntnisse über die handelnden Personen in den EU-Institutionen zum Sparkassenverband. Als ehemaliger Abgeordneter hat Simon bis heute Zugang zum EU-Parlament. In den nächsten Monaten werden wichtige Bankengesetze zur Umsetzung der neuen Baseler Standards und zur Einlagensicherung im Europaparlament verhandelt.

Die Angaben des Sparkassenverbands zur Abkühlungszeit Simons gehen nicht auf. Bis Juli 2019 bezog Simon sein Abgeordnetengehalt und hat bis zum 31.5.2020 Recht auf ein Übergangsgeld in Höhe der Abgeordnetendiät. Anders als der Sparkassenverband nahelegt, gibt es im Europaparlament keine Karenzzeit. Im Gegensatz zu den Regeln im Bundestag können Abgeordnete ihr neues Gehalt zusätzlich zum Übergangsgeld beziehen und verdienen doppelt. Simons Wechsel verstößt daher auch gegen keine Regel, ebensowenig wie die Seitenwechsel anderer Abgeordneter unterschiedlicher Parteifamilien. Trotzdem ist Simon nicht abgekühlt, sondern sein Platz im Parlament noch warm und sein internes Wissen aktuell. Dieser Wechsel ging zu schnell und schadet dem Ruf der europäischen Institutionen. Wir brauchen dringend eine Karenzzeit für Europaabgeordnete, um die Drehtür zwischen Parlament und Lobbyismus zu bremsen. Mein Versuch in der letzten Legislaturperiode zumindest erste Regeln für Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft zu beschließen, wurde im Ausschuss für Verfassungsfragen mit Stimmen von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen abgelehnt. Ich werde nun einen neuen Anlauf unternehmen, um strengere Regeln für simonWechsel zwischen Politik und Wirtschaft durchzusetzen.”

Pressemitteilung des DSGV zur Ernennung von Peter Simon:
https://www.dsgv.de/newsroom/presse/200212_PM_Simon_Bevollmaechtigter_08.html

Eine Liste von Wechseln aus den EU-Institutionen in die Wirtschaft findet sich hier:
https://corporateeurope.org/en/revolvingdoorwatch

Rubrik: Demokratie & Lobby

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