Sven Giegold

Qual-Haltung in der Hähnchen-Mast: Europaparlament fordert bessere Haltung statt mehr Antibiotika

Gestern hat das Europaparlament mit einer großen Mehrheit für bessere Haltungsbedingungen für Mast-Hähnchen gestimmt. In einer fraktionsübergreifenden Resolution fordert das Parlament die EU-Kommission und Mitgliedsländer auf, die Richtlinie zur Haltung von Masthähnchen aus dem Jahren 2007 endlich konsequent umzusetzen. Ein Bericht der EU-Kommission hatte gezeigt, dass immer noch in vielen Betrieben in Europa Hähnchen auf engerem Raum gehalten werden, als der ohnehin schon aus unserer Sicht viel zu hohe Richtwert der Richtlinie von 33 kg/m2 vorschreibt. Dieser Richtwert bedeutet eine “Gesamt-Masse” von 33 kg Mast-Hähnchen auf einer Fläche von nur einem Quadratmeter!

 

Diese qualvollen und untragbaren Haltungsbedingungen führen nicht nur zu schweren Verletzungen und extremem Leid der Tiere, sondern machen sie auch besonders anfällig für Infektionen mit Bakterien. Daher werden auch in großem Maßstab Antibiotika an alle Tiere im Stall gegeben, um die Ausbreitung der Infektionen zu verhindern. Wenn man alle Tiere behandelt um die Ansteckung durch einige wenige erkrankte Tiere zu verhindern, spricht man von einer “metaphylaktischen” Antibiotikagabe. Dieser großflächige Antibiotika-Einsatz befördert die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen und führt dazu, dass auch für den medizinischen Einsatz am Menschen immer weniger effektive Antibiotika zu Verfügung stehen. Mit verheerenden Konsequenzen für die Gesundheitsversorgung.

 

Deswegen fordert die Resolution, dass die metaphylaktische Antibiotikagabe in der Hähnchenmast nur noch letzte Option sein darf. Vorher müssen alle Alternativen wie kleinere Gruppen, Isolation von erkrankten Tieren und die Nutzung von Hähnchen-Rassen, die langsamer und gesünder wachsen, ausgereizt werden.

 

Leider hat eine Mehrheit aus Konservativen, Liberalen, Sozialdemokraten und Rechten unsere gemeinsam mit der Fraktion der Linken (GUE/NGL) gestellten Änderungsanträge abgelehnt. Wir hatten u.a. gefordert die Reduzierung des Fleischkonsums zu empfehlen, damit weniger Tiere unter diesen Bedingungen leben müssen und die mit der Tierhaltung verbundenen Treibhausgasemissionen verringert werden. Trotz dieser Blockade ist die Resolution ein großer Schritt nach vorne. Jetzt liegt der Ball bei der Kommission und den Mitgliedsländern, diesen Beschluss umzusetzen.

 

In einer weiteren Abstimmung hat das Europaparlament gestern auch mit großer Mehrheit die neue EU-Tierarzneimittelverordnung angenommen, die mit der Kommission und den Mitgliedsländern im so genannten Trilog verhandelt wurde. Darin wird die Verwendung von Antibiotika in der Landwirtschaft weiter eingeschränkt und u.a. sogenannte Reserve-Antibiotika, die in der humanmedizinischen Anwendung die letzte Option darstellen, vollständig für die landwirtschaftliche Anwendung ausgeschlossen. Auch die Mengen der verabreichten Antibiotika sollen endlich systematisch von allen Mitgliedsländern erfasst werden.

 

Damit war gestern ein guter Tag für den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen und für ein Ende der qualvollen Massentierhaltung.

Rubrik: Klima & Umwelt

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