Sven Giegold

Ratsposition zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung: Die Richtung stimmt, aber zu mutlos

Heute hat der Rat der EU-Wirtschafts- und Finanzminister*innen seine Schlussfolgerungen zum Aktionsplan der EU-Kommission zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgelegt. Darin begrüßt der Ministerrat die Pläne, Teile der europäischen Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung in eine direkt anwendbare Verordnung zu überführen und so den aktuell herrschenden Flickenteppich ungleicher und oft schwacher nationaler Umsetzungen zu beseitigen. Weiterhin spricht sich der Rat für die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Geldwäscheaufsicht für Finanzunternehmen aus, die aufgrund ihres Kundenstamms, ihrer Vertriebswege oder ihres geographischen Profils als besonders riskant eingestuft werden. Die nationalen Verdachtsmeldestellen (FIUs) sollen in Zukunft stärker kooperieren.

Noch am Montag war unklar, ob der Ministerrat eine gemeinsame Position verabschieden würde, weil die Estnische Konservative Volkspartei, die seit 2019 Teil der Regierung in Tallinn ist, einen Kompromiss zu verhindern drohte. In der Zwischenzeit gab die estnische Regierung ihre Blockadehaltung jedoch auf.

Der Aktionsplan wurde im Mai vom damaligen Finanzkommissar Valdis Dombrovskis vorgestellt. Dieser enthielt unter anderem Vorschläge für einen Koordinierungsmechanismus für die nationalen Verdachtsmeldestellen, eine europäische Geldwäscheaufsicht durch die EBA oder eine neue EU-Behörde, strengere Vorschriften gegen Cyber-Kriminalität und ein harmonisiertes Regelwerk in Form einer direkt anwendbaren Verordnung. Bereits im Juli hatte das Europäische Parlament in einer Resolution Stellung zum Aktionsplan der Kommission genommen. Im neuen Jahr wird die EU-Kommission ihre Gesetzesvorschläge vorlegen, die dann vom Europaparlament und dem Rat der Mitgliedstaaten im Mehrheitsverfahren beschlossen werden müssen.

Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament, erklärt:

“Die heutigen Ratsschlussfolgerungen zur Geldwäschebekämpfung sind ein Schritt in die richtige Richtung. Positiv hervorzuheben sind vor allem die Vorschläge zur geplanten Geldwäsche-Verordnung sowie der Plan, Finanzunternehmen, die aufgrund ihres Kundenstamms, ihrer Vertriebswege oder ihrer Standortstruktur ein besonders hohes Geldwäscherisiko aufweisen, einer gemeinsamen europäischen Aufsicht zu unterstellen. Nach Jahren voller Geldwäscheskandale schwächt der Rat seine langjährige Blockadehaltung gegen weitreichende EU-Kompetenzen bei der Bekämpfung der Geldwäsche ab. EU-Kommission und Rat folgen damit vielen grünen Forderungen im Bereich der Geldwäsche, für die wir inzwischen schon im Europaparlament eine breite Mehrheit gefunden haben. 

Leider sind die Schlussfolgerung an entscheidenden Stellen viel zu ambitionslos. Die Forderung nach einer besseren Koordinierung der europäischen Verdachtsmeldestellen für Geldwäsche ist ein Feigenblatt, das in der Praxis keine spürbare Verbesserung bringen wird. Um grenzüberschreitende Finanzkriminalität innerhalb der EU effektiv zu bekämpfen, braucht es eine eigenständige europäische Verdachtsmeldestelle mit direkten Kompetenzen, die in solchen Fällen selbst aktiv werden kann.

Enttäuschend ist, dass der Ministerrat die Forderung nach einer europäischen Finanzpolizei nicht aufgegriffen hat. Das Europäische Parlament hatte in seiner starken Resolution vom Juli gefordert, dass Europol grenzüberschreitende Untersuchungen eigenständig einleiten kann. Die Erfahrung zeigt, dass ohne eine grenzüberschreitende Ermittlungsbehörden die Verfolgung von Finanzkriminalität oft im Sande verläuft. Ein starker Rechtsstaat muss dafür sorgen, dass Kriminelle nicht mobiler und flexibler sind als ihre Verfolger. Hier sind nicht allein die Finanzminister*innen, sondern auch die Innen- und Justizminister*innen der Mitgliedstaaten gefragt. Auch die Kommission sollte hier ressortübergreifend agieren und Vorschläge für eine europäische Finanzpolizei präsentieren.”

 

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Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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