Sven Giegold

Reform der Abschlussprüfung: Lobby verteidigt das Oligopol der Big4

Heute hat das Europaparlament über die Revision der Richtlinien zur Abschlussprüfung abgestimmt. Große Unternehmen sind verpflichtet, ihre Bücher regelmäßig durch sogenannte unabhängige Wirtschaftsprüfer kontrollieren zu lassen. Das gilt auch für Banken Versicherer und andere Gesellschaften des Finanzsektors. Die Kommission hatte bereits 2011 einen zahmen und ineffizienten Vorschlag vorgelegt, den Sektor neu zu regulieren. Die Interessenkonflikte der Prüfungsgesellschaften hat dazu geführt, dass vor der Finanzkrise kein Unternehmen vor den sich auftürmenden Risiken gewarnt hat. Der Kompromiss verhindert auch für die Zukunft nicht, dass die vier marktbeherschenden Unternehmen sich gegenseitig kontrollieren.

Dazu erklärt die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Eva Lichtenberger:

„Die Reform der Abschlussprüfung war die große Chance, zentrale Ursachen der Finanzkrise zu beseitigen. Leider hat eine unheilige Allianz von konservativen und liberalen Abgeordneten in erster Linie versucht, die Bankenplätze von Frankfurt und London vor jeglicher Veränderung zu bewahren, anstatt das Oligopol der „Big 4“* anzugreifen.

Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission war ohnehin schon sehr zahm und leider haben die EVP und ECR ihn gemeinsam nochmals verschlechtert und abgeschwächt. Auch im Rat herrschte keine echte Motivation eine große Fehlerquelle im Finanzmarkt zu beseitigen.

Offensichtlich hat eine der intensivsten Lobbying Kampagnen der letzten fünf Jahre die beiden Parteien eingeschüchtert und damit verhindert, dass die EU effektiv gegen Missbrauch und Marktmacht vorgeht. Hier wurde eine der größten Chancen für eine echte Reform des Finanzmarkts verpasst.“

 

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert das Abstimmungsergebins:

„Die krassen Interessenkonflikte sind nicht gelöst: Nach wie vor kann ein Wirtschaftsprüfer für ein Unternehmen Dienstleistungen jeglicher Art erbringen und es anschließend prüfen. Die eigene Arbeit aggressiver Steuerminimierung zum Beispiel, die Staaten Billionen kostet, wird so legitimiert. Dieser Interessenkonflikt verhindert, dass Fehler rechtzeitig entdeckt und Risiken eingedämmt werden.

Die mächtigen Prüfungsgesellschaften werden jetzt von der EZB angestellt, die Bilanzen der Kreditinstitute zu überprüfen, die sie selbst testiert haben. Die nur einjährige Schamfrist gegen Interessenskonflikte zeigt: Das Oligopol der Wirtschaftsprüfer muss aufgebrochen werden. Eine starke staatliche Aufsicht sieht anders aus. Das ist mun ein Fall für die Generaldirektion Wettbewerb. Herr Almunia, übernehmen Sie!“

*Die “Big 4” sind: Deloitte Touche Tohmatsu, PricewaterhouseCoopers, KPMG, Ernst & Young

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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