Nach der Finanzkrise hatte die EU ihr Regelwerk für Banken grundlegend überarbeitet. Zehn Jahre später stehen diese Regeln (CRR, CRD, BRRD, SRMR) nun erneut auf dem Prüfstand. Die Überarbeitung soll die auf internationaler Ebene vereinbarten Basel-Regeln umsetzen, bestehende EU-Gesetze klarstellen und die Anforderungen stärker an der Größe und dem Geschäftsmodell der Banken ausrichten. Im November 2016 hatte die Kommission ihr umfassendes Gesetzgebungspaket zur Vollendung der Reformen präsentiert. Ende 2017 hatte der sozialdemokratische Berichterstatter Peter Simon in seinem Berichtsentwurf zusätzliche Entlastungen für kleine Geldhäuser vorgeschlagen. Jetzt haben auch wir Grünen unser Paket an Änderungsanträgen vorgelegt, wie auch die anderen Fraktionen im Europäischen Parlament. Bei der Erstellung unserer Anträge haben wir im eng mit Wissenschaft und kleineren Banken zusammengearbeitet. Ab Ende Februar werden die Verhandlungsführer über eine gemeinsame Position verhandeln, die dem Europaparlament dann als Mandat für einen Kompromiss mit dem Rat dienen soll. Erst 18 Monate nach einer Einigung zwischen den beiden Mitgesetzgebern können die Gesetzesänderungen in Kraft treten.
Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Noch immer sind einige europäische Banken zu groß und zu komplex, vor allem jedoch halten sie zu wenig Eigenkapital. Auf der anderen Seite leiden besonders kleinere Institute unter übermäßigem Verwaltungsaufwand durch Regulierungsmaßnahmen. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen müssen an die unterschiedlichen Geschäftsmodelle und Risikoprofile der europäischen Banken angepasst werden. In den anstehenden Verhandlungen werden wir auf spürbare Vereinfachungen für kleine Banken drängen, ohne damit die Finanzstabilität zu verschlechtern. Umgekehrt werden wir auf strenge Regeln für systemrelevante Institute pochen.
Als die Bankenregeln nach der Finanzkrise reformiert wurden, waren wir Grünen die einzigen, die im Europaparlament besondere Regeln für kleine und solide Banken wollten. Jetzt kommt endlich Fahrt in die Debatte. Wir wollen harte, aber einfachere Regeln für kleinere und stabile Banken. Wir brauchen eine echte ‘small and boring banking box’, um den Verwaltungsaufwand gerade für kleine und risikoarme Banken zu verringern. Mit einem gemeinsamen Meldeverfahren können kleine Banken von Europa profitieren: Nationale und europäische Aufsichtsbehörden, Zentralbanken und Statistikämter müssen ihre Fragen koordinieren statt weiterehin fast identische Daten mehrfach abzufragen. Bei solide kapitalisierten kleinen Instituten sollten die Aufseher außerdem auf die aufwendige Festsetzung bankspezifischer Kapitalaufschläge aus der Säule 2 verzichten können. Ebenso sollten zuständige Behörden vom Erstellen von Sanierungsplänen absehen können, wenn die etwaige Pleite einer kleinen Bank die Finanzmärkte insgesamt nicht gefährdet und Geldspritzen aus dem EU-Abwicklungsfonds nicht in Betracht kommen.
Um die Probleme zu großer und zu vernetzter Institute anzugehen, braucht Europa dringend weitergehende Reformen. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Abschwächungen von Basel-Regeln bei der Behandlung von Derivaten bei der Verschuldungsquote (Leverage Ratio) und der strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR) gehen in die völlig falsche Richtung. Ebenso bedrohen Versuche, den Handlungsspielraum von Bankenaufsehern einzuschränken, die Finanzstabilität. Solange das makroprudenzielle Rahmenwerk in der EU nicht wirksam aufgestellt ist und die Mitgliedstaaten die Instrumente nicht voll ausnutzen, ist es fahrlässig, makroprudenzielle Risiken aus der Betrachtung herauszulassen. Genausowenig akzeptieren wir, dass den Bankenabwicklungsbehörden die Flügel gestutzt werden, denn das gefährdet letztlich europäische Steuergelder.”
Grüne Vorschläge für ein starkes Paket zur Reduzierung der Risiken im Bankensektor (Englisch):
Grüne Vorschläge zur Stärkung der Verhältnismäßigkeit in der europäischen Bankenregulierung (Englisch):