(English version below)
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,
direkt vor dem Heiligen Abend hat die Trump-Regierung Sanktionen gegen verschiedene Akteure ausgesprochen, die sich gegen Hass und Hetze und unfairen Wettbewerb im Internet engagieren. Die US-Sanktionen gegen Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon von HateAid sind inakzeptabel. Hier geht es nicht nur um zwei Kämpferinnen gegen Hass im Netz, sondern um einen Angriff auf Europas Recht im digitalen Raum. Wir müssen die Demokratie im Netz mit dem Digital Services Act (DSA) verteidigen. Mehr denn je!
Die Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg der gemeinnützigen HateAid ist sogar Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. HateAid bekommt Unterstützung aus allen demokratischen politischen Richtungen. Die Bundesregierung darf HateAid nicht alleine lassen, sondern muss jetzt jede Unterstützung anbieten. Es ist gut, dass sich die Bundesjustizministerin und der Bundesaußenminister geäußert haben.
Die Sanktionen gegen den ehemaligen EU-Kommissar Thierry Breton sind auch ein Angriff auf unsere Europäische Union. Er war federführend für den Digital Services Act (DSA). Der DSA wurde aber von den Mitgliedstaaten und einer riesigen Mehrheit im Europaparlament beschlossen. Damals verfolgte ich die Verhandlungen zum DSA und DMA in der Bundesregierung.
Es fällt jedoch peinlich auf, dass sich Emmanuel Macron direkt hinter die sanktionierten Betroffenen gestellt hat, während der deutsche Bundeskanzler immer noch schweigt. Macron sagte zurecht: “Frankreich verurteilt die Visa-Restriktionen der Vereinigten Staaten gegen Thierry Breton und vier weitere Europäer*innen. Diese Maßnahmen laufen auf eine Einschüchterung und Zwang hinaus, die Europas digitale Souveränität unterminieren”.
Die digitale Souveränität Europas ist die zentrale Frage hinter den Anti-DSA-Sanktionen. Auch die EU-Kommission hat zwischenzeitlich mit einer Stellungnahme reagiert. Sie lenkt in dieser Stellungnahmen jedoch vom zentralen Punkt ab: Seit Monaten setzt die EU-Kommission das EU-Digitalrecht nur mutlos um. Die Strafhöhen sind zu niedrig, die Verfahren zu langsam, Sanktionen werden nicht verhängt.
Die zögerliche Anwendung des Digital Services Act (DSA) durch die EU-Kommission muss ein Ende haben. Europa hat das Recht, den digitalen Raum angesichts von Hass, Hetze und hybriden Angriffen zu regulieren. Ursula von der Leyen muss die Hasenfüßigkeit beenden und den DSA konsequent anwenden.
Der Digital Services Act und der Digital Markets Act wurden demokratisch beschlossen, um für fairen Wettbewerb und den Schutz unserer Demokratie zu sorgen. Doch die EU-Kommission verhängt entscheidungsreife Sanktionen nicht und Verfahren werden verlangsamt, weil man Reaktionen aus China und den USA fürchtet.
TEMU und Shein verkaufen massenhaft Produkte, die europäisches Recht nicht einhalten. Die Beweise liegen der EU-Kommission vor. Opfer sind der klassische Einzelhandel und die europäische Industrie, die sich an EU-Regeln halten. Die Sanktionen: Null.
Die vielen Verfahren gegen sehr große Online-Plattformen wie Google, TikTok, Amazon & Co. kommen zu langsam zum Abschluss und enden regelmäßig in zu niedrigen Strafen. Die USA waren mit Milliardenstrafen bei deutschen Konzernen wie Deutsche Bank und Volkswagen – zurecht! – nicht so zimperlich.
Wenn wir fairen Wettbewerb und unsere Demokratie schützen wollen, brauchen wir eine EU-Kommission, die geltendes Recht konsequent anwendet. Frau von der Leyen – ändern Sie Ihren Kurs! Es geht auch um Europas Selbstrespekt!
Über meine Einschätzung berichtete hier auch der Spiegel online breit.
Campact hat mit vielen Organisationen und Personen des öffentlichen Lebens eine große Petition gestartet, die inzwischen von über 140.000 Personen gezeichnet wurde. Hier zur Petition.
Und natürlich könnt Ihr HateAid mit einer Spende hier unterstützen.
Lasst uns die Trump-Sanktionen für die Digitalkonzerne zu einem Boomerang machen!
Mit europäischen grünen Grüßen
Sven Giegold
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Die ganze Stellungnahme der EU-Kommission findet Ihr hier.
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Meine Stellungnahmen zum Teilen auf den sozialen Netzwerken findet Ihr z.B. hier:
Sanctions against Thierry Breton and HateAid: Defend Europe’s digital sovereignty!
Dear friends and interested parties,
Just before Christmas Eve, the Trump administration imposed sanctions on various individuals who are committed to combating hate speech, incitement and unfair competition on the internet. The US sanctions against Anna-Lena von Hodenberg and Josephine Ballon of the German NGO HateAid are unacceptable. This is not just about two women fighting against online hate, but an attack on European digital law. We must defend democracy on the internet with the digital services act (DSA). Now more than ever!
Anna-Lena von Hodenberg, managing director of the non-profit organisation HateAid, is even a recipient of the Federal Cross of Merit. HateAid receives support from all democratic political quarters. The German government must not leave HateAid alone, but must now offer every support. It is good that the Federal Minister of Justice and the Federal Minister of Foreign Affairs have spoken out.
The sanctions against former EU Commissioner Thierry Breton are also an attack on our European Union. He was in charge of the Digital Services Act (DSA). However, the DSA is not his personal affair but was adopted by the member states and a huge majority in the European Parliament. At the time I was following the negotiations in the German government.
However, it is embarrassing that Emmanuel Macron has directly backed those affected by the sanctions, while the German Chancellor remains silent. Macron rightly said: ‘France condemns the visa restriction measures taken by the United States against Thierry Breton and four other European figures. These measures amount to intimidation and coercion aimed at undermining European digital sovereignty.’
Europe’s digital sovereignty is the central issue behind the anti-DSA sanctions. The EU Commission has also responded with a statement. However, this statement distracts from the central point: for months, the EU Commission has been implementing EU digital law half-heartedly. The penalties are too low, the proceedings too slow, and sanctions are not being imposed.
The EU Commission’s hesitant application of the Digital Services Act (DSA) must come to an end. Europe has the right to regulate the digital space in the face of hate, incitement and hybrid attacks. Ursula von der Leyen must end her timidity and apply the DSA consistently.
The Digital Services Act and the Digital Markets Act were democratically adopted to ensure fair competition and protect our democracy. However, the European Commission is not imposing sanctions, even if they are ready for decision, and proceedings are being slowed down because of fears of reactions from China and the US.
TEMU and Shein sell huge quantities of products that do not comply with European law. The evidence is available to the European Commission. The victims are traditional retailers and European industry, which comply with EU rules. The EU sanctions: zero.
The many proceedings against very large online platforms such as Google, TikTok, Amazon & Co. are taking too long to conclude and regularly end in penalties that are too low. The US was not so squeamish about imposing fines running into billions on German companies such as Deutsche Bank and Volkswagen – and rightly so!
If we want to protect fair competition and our democracy, we need an EU Commission that consistently applies the law. President von der Leyen – change your course! Europe’s self-respect is also at stake!
Campact has launched a major petition with many organisations and public figures, which has now been signed by over 140,000 people. Here you can find the petition.
And of course, you can support HateAid with a donation here.
Let’s turn Trump’s sanctions against digital companies into a boomerang!
With European green regards
Sven Giegold