Sven Giegold

Ankündigung: Olaf Scholz im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments am 2. September ab 14.15 Uhr

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Interessierte,

morgen, am 2. September ab 14.15, Uhr ist Olaf Scholz stellvertretend für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu Gast in Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments. Die Anhörung kann hier live verfolgt werden.

Folgende Fragen und Themen könnten in der Anhörung mit Olaf Scholz relevant werden:

Wie können große Zahlungsdienstleister wie Wirecard besser beaufsichtigt werden?

Als Reaktion auf das Wirecard-Fiasko hat Scholz einen 16 Punkte umfassenden Aktionsplan vorgelegt. Dieser enthält jedoch kein Wort zu der Frage, wie systemrelevante Zahlungsdienstleister und neue Finanzdienstleister in Zukunft besser beaufsichtigt werden können. Wir Grüne meinen, dass große grenzüberschreitend aktive Zahlungsabwickler in der EU durch eine starke europäische Aufsichtsbehörde überwacht werden sollten, wie es sich auch bei den systemrelevanten Banken bewährt hat. Die Bundesregierung hatte dies in der Vergangenheit stets abgelehnt. Scholz muss diese Blockadehaltung aufgeben und überzeugende Vorschläge für eine stärkere und effektivere Aufsicht präsentieren. Auch für die Europäische Kapitalmarktunion brauchen wir eine gemeinsame und starke EU-Aufsicht statt überforderte und fragmentierte nationale Aufsichtsbehörden.

Was kann die Untersuchung der europäischen Finanzaufseher zu Wirecard erreichen?

Das Versagen der Aufsicht von Wirecard durch die BaFin hat auch Konsequenzen auf europäischer Ebene. Die europäische Finanzmarktaufsichtsbehörde (ESMA) hat auf Anfrage der EU-Kommission bereits eine Untersuchung zur Rolle der Bafin eingeleitet. Gemeinsam mit den Koordinatoren des Wirtschafts- und des Rechtsausschusses habe ich diesbezüglich einen Brief an die EU-Kommission geschrieben und eine Ausweitung der Untersuchungen auf Geldwäscherisiken und die Geeignetheit der europäischen Regeln gefordert.

Wie können digitale Großunternehmen fair besteuert werden?

Die Bundesregierung hatte sich in der Vergangenheit stets gegen eine europäische Digitalsteuer gestellt und auf eine globale Lösung gepocht. Mit dem Ausstieg der USA aus den OECD-Verhandlungen über eine Besteuerung von digitalen Großunternehmen wird es diese aber in absehbarer Zeit nicht geben. Die öffentliche länderbezogene Steuertransparenz (country-by-country-reporting) blockiert Deutschland im Rat der Mitgliedstaaten seit langem. Im Bereich Steuergerechtigkeit muss sich während der deutschen Ratspräsidentschaft etwas bewegen. Scholz darf sich nicht länger wegducken. Um Digitalkonzerne endlich fair zu besteuern, braucht es jetzt länderbezogene Steuertransparenz und eine europäische Digitalsteuer, wie vom Europaparlament gefordert.

Droht ein erneutes Kaputtsparen ganzer Volkswirtschaften wie nach der letzten Krise?

Zwar hat Olaf Scholz jüngst angekündigt, dass Deutschland auch im Jahr 2021 nicht ohne Nettoneuverschuldung auskommen werde. Dennoch hält er an einer möglichst schnellen Rückkehr zur schwarzen Null im Bundeshaushalt fest. Finanz-Kommissar Dombrovskis hatte im Juli erklärt, auch auf EU-Ebene die Haushaltsregeln nach Ende der Krise zeitnah wieder in Kraft setzen zu wollen, ließ den konkreten Zeitpunkt aber offen. Die zu schnelle Rückkehr zu ausgeglichenen Haushalten führte in vielen EU-Ländern nach der Finanzkrise zu drastischen Sparprogrammen, die Volkswirtschaften und Infrastruktur nachhaltig geschädigt haben. Dieser Fehler darf kein zweites Mal gemacht werden. Anstatt im Alleingang Sparvorgaben anzukündigen, sollte sich Scholz gemeinsam mit seinen Kollegen aus den anderen Mitgliedstaaten für einen europäisch koordinierten, nachhaltigen und sozial gerechtem Umgang mit den Schulden der Coronakrise einsetzen. Es ist völlig unklar, wie die deutsche Bundesregierung zur Reform der EU-Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Fiskalpakts steht.

Link zur Anhörung im ECON-Ausschuss morgen am 2. September ab 14.15: https://multimedia.europarl.europa.eu/de/committee-on-economic-and-monetary-affairs_20200902-1345-COMMITTEE-ECON_vd

Mit grünen europäischen Grüßen
Sven Giegold

P.S.: Einladung zur nächsten Diskussion zur Chemiewende. Mit dem Gründer der Auro Pflanzenchemie AG, Dr. Hermann Fischer diskutiere ich zum Thema “Chemiewende: Hoffnung für die Zukunft –  25 Jahre Biber – ökologisch und bezahlbar bauen!” – Am 28. September 2020 um 19:00 Uhr anlässlich des 25 jährigen Bestehens des Naturbaustoffhandels Biber in Verden: hier anmelden!

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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