Sven Giegold

Süddeutsche: Geldwäsche ist nicht sexy

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Süddeutsche Zeitung, 07.04.2014

 

Geldwäsche ist nicht sexy

Die Politik interessiert sich nicht sonderlich für Korruptionsbekämpfung– weil sie keine Wählerstimmen bringt. U2-Frontsänger Bono hält die jedoch für einen wichtigen Faktor in der Armutsbekämpfung und setzt sich deswegen für mehr Transparenz bei Geldflüssen ein

Von Andrea Rexer

Frankfurt– Wenn Bono hinter dem Mikrofon steht, erwartet man für gewöhnlich rockige Klänge. Doch kürzlich redete der Frontsänger der irischen Band U2 den Abgeordneten der Europäischen Volkspartei ins Gewissen.„Wenn Europa Korruption verurteilt und brandmarkt, zeigt Europa seine Seele“, sagte Bono. Seine Logik ist: Solange es in Europa möglich ist, dass sich die wirtschaftlich Verantwortlichen hinter Strohmännern und Scheinfirmen verstecken können, so lange kann Korruption gedeihen, weil es unmöglich ist, Geldflüsse nachzuverfolgen. Deswegen fordert er ein öffentlich einsehbares Register, in dem alle wirtschaftlich Verantwortlichen hinter solchen Scheinfirmen transparent aufgelistet werden.„Ohne Transparenz können Sie die Korruption nicht bekämpfen, die Arme arm und Korrupte reich bleiben lässt“, so Bono.

Der Sänger setzt sich seit Langem gegen Armut ein, eine neue Kampagne seiner Non-Profit-Organisation One kämpft gegen Geldwäsche. Dass Bono seine Rede ausgerechnet an ein Publikum richtete, in dem die Kanzlerin Angela Merkel und der Kommissionspräsident Barroso saßen, ist kein Zufall. Denn das Europäische Parlament hat im Februar den Weg für ein Anti-Geldwäsche-Gesetz frei gemacht, das unter anderem ein öffentlich zugängliches Register für wirtschaftlich Verantwortliche fordert. Jetzt muss der Vorschlag in den Trilog– also in die Verhandlung mit der Kommission und dem Rat. Doch die Mitgliedsstaaten, die im Rat vertreten sind, bremsen. „Das liegt da jetzt erst mal eine Weile herum, großes Engagement der Mitgliedsstaaten ist nicht erkennbar, vor allem nicht von Deutschland“, sagt einer, der in die Vorgänge eingeweiht ist.

Zwar steht im Koalitionsvertrag, dass sich die neue Regierung zu einem öffentlich zugänglichen Register für alle wirtschaftlich Beteiligten an Firmen und Stiftungs-Konstruktionen bekennt. Doch das Bundesfinanzministerium bleibt auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung vage:„Deutschland teilt die Forderung nach mehr Transparenz von juristischen Personen und Trusts und deren wirtschaftlich Berechtigten. Allerdings sollten sich die Vorgaben hier nicht auf eine Registerlösung beschränken, sondern auch andere gleichwertige nationale Lösungen zugelassen sein.“ Das könnte eine Hintertür sein, um die Forderung nach einem einheitlichen Register aufzuweichen.

Die Regierungen der EU-Staaten fürchten den Mehraufwand, den eine echte Register-Regelung mit sich bringt. Manche Länder müssten ein komplett neues Register einführen, aber auch in Deutschland dürften die derzeit bestehenden Handelsregister nicht ausreichen. Kritiker drängen auf eine Verbesserung:„Aus unserer Sicht ist das deutsche Handelsregister nicht transparent genug. Es bietet die Möglichkeit, lediglich die juristische Person als Eigentümer einzutragen. Um Kriminelle und Strohmannfirmen aufzuspüren, müssen jedoch zwangsläufig die natürlichen Personen eingetragen sein, also die wahren Nutznießer und Strippenzieher hinter Unternehmen“, sagt Andreas Hübers, politischer Referent von One in Deutschland.

Kaum ein Politiker findet es sexy, sich gegen Geldwäsche einzusetzen. Denn die Opfer von Geldwäsche lassen sich nicht benennen, und Wählerstimmen bringt das Thema kaum. Zudem ist der Schaden von Korruption in Entwicklungs- und Schwellenländern besonders hoch. One hat berechnet, dass den afrikanischen Ländern im Jahr 2010 durch den illegalen Abfluss von Mitteln 43,7 Milliarden Euro verloren gingen. Teils handelt es sich dabei um entgangene Steuereinnahmen, teils entgeht den Staaten aber auch durch krumme Geschäfte Kapital, weil Preise zu niedrig abgesprochen wurden.

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold wirft den Regierungen vor, der Geldwäsche nicht ernsthaft nachzugehen.„Es werden ja noch nicht mal die bestehenden Gesetze vollzogen. Es gibt ein echtes Umsetzungsproblem, das endlich adressiert werden müsste“, so der Parlamentarier. Er würde am liebsten Kontrolleure der EU in die einzelnen Länder schicken, um zu prüfen, ob die bereits bestehenden Regeln eingehalten werden. Dazu müsste jedoch ein Vertragsverletzungsverfahren in Gang gesetzt werden. Und das kann nur eingeleitet werden, wenn ein EU-Bürger klagt, oder wenn die Kommission es selbst aktiviert. Doch um das auszulösen, fehlt den Grünen die Mehrheit im Parlament. Die Überwachung der Umsetzung ist jedoch auch für das Register entscheidend: Denn es ist nur so gut wie die Informationen, mit denen es befüllt wird.

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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