Dieser Artikel ist erschienen in der Süddeutschen Zeitung vom 28. April 2015 und online abrufbar.
Ringen um Schattenbanken
EU-Parlament will gefährliche Geldmarktfonds weiter erlauben
München – An diesem Mittwoch prallen die Gegner aufeinander: Das EU-Parlament stimmt ab, wie es mit bestimmten Geldmarktfonds weitergeht, die in der Finanzkrise Probleme verursachten. Kritiker befürchten weiche Regeln, die Risiken für die Zukunft entstehen lassen. Dabei geht es nicht um Kleinkram: Die Fonds, die zum rapide wachsenden Sektor der Schattenbanken zählen, verwalten in Europa etwa 500 Milliarden Euro Vermögen.
In der Finanzkrise 2008 gerieten viele Anlagen unter Druck. Auch Geldmarktfonds, die einen festen Rückkaufwert versprechen: Investoren können darauf bauen, dass sie anders als bei Aktien oder Anleihen mit Kursschwankungen eine fixe Summe ausgezahlt bekommen. Als in der Krise die meisten Finanzprodukte an Wert verloren und viele Anleger auf einmal ihr Geld abziehen wollten, standen manche Fonds vor dem Kollaps – und mussten von Banken und Steuerzahlern gerettet werden.
Manche EU-Abgeordnete wie Sven Giegold (Grüne) und Markus Ferber (Union) fordern, die Fest-Fonds deshalb rasch zu kippen. Es soll künftig nur Produkte mit schwankenden Kursen geben: Dem Anleger drohen wie bei Aktien Verluste, aber der Fonds wird nicht mehr zum Risiko für den ganzen Finanzmarkt. Mit dieser strengen Haltung sind diese Abgeordneten aber in der Minderheit. Derzeit will eine Mehrheit von Sozialdemokraten und Konservativen nur einen Typ von Fest-Fonds abschaffen – und das auch erst in fünf Jahren, wenn die Brüsseler Kommission dann einen entsprechenden Vorschlag vorlegt. Produkte, die nur Staatsschulden bevorzugt von EU-Ländern halten oder nur von Stiftungen oder staatlichen Organisationen gekauft werden dürfen, soll es dagegen weiter geben. Und zwar, ohne einen Puffer von drei Prozent der Vermögenseinlagen halten zu müssen, den die Kommission für alle Fest-Fonds vorschlägt, damit die im Sturm der Krise nicht umfallen.
„Die Abgeordneten treten zugunsten der Finanzlobby auf die Bremse“, warnt der Grüne Giegold. Vor allem Irland und Großbritannien übten Druck aus, weiche Regeln zu beschließen. Die Fest-Fonds kommen fast nur aus Irland und Luxemburg. „Im Moment gehen wir als Parlament am Problem dieser Geldmarktfonds vorbei“, kritisiert CSU-Politiker Ferber. „Da wird so getan, als ob Staaten nicht pleitegehen können, obwohl in der Euro-Krise diese Gefahr droht“. Sein Fraktionskollege Burkhard Balz wirbt dagegen um Verständnis dafür, dass es hier um einen Kompromiss gehe, mit dem man die Risiken von Geldmarktfonds in den Griff bekomme. Wer einen solchen Fonds betreibe, solle die Chance haben, die Produkte abzuwickeln. „Fünf Jahre sind ein normaler Zeitraum für die Überprüfung einer Sache.“ Das Parlament entscheidet über das Gesetz zusammen mit den EU-Regierungen.
Alexander Hagelüken