Neuer Streit um die Bankenabgabe
Von Andrea Rexer
Europas Finanzinstitute müssen 55 Milliarden aufbringen, um im Notfall Pleitebanken zu retten. Doch wer was in den gemeinsamen Topf einbezahlen soll, ist umstritten. Jetzt gibt es wieder einen neuen Vorschlag – doch der könnte ausgerechnet große Geldhäuser bevorzugen.
Im Ziel sind sich alle einig: Banken sollen sich in der nächsten Krise selbst retten. Deswegen will die Europäische Union einen Fonds einrichten, der Pleitebanken im Notfall auffangen kann. 55 Milliarden soll der Topf am Ende umfassen, gespeist werden soll er aus einer Bankenabgabe. Doch wie diese berechnet werden soll, darauf können sich Parlament, EU-Kommission und die Finanzminister nicht einigen. Nun kommt ein neuer Vorschlag der Finanzminister auf den Tisch, der im Europäischen Parlament für Furore sorgt: Die Abgeordneten haben Sorge, dass die Minister Großbanken entlasten und kleine Banken stärker belasten wollen.
Hintergrund ist die Art und Weise, wie die Abgabe berechnet werden soll. In einem war man sich bisher einig: Ausschlaggebend soll sein, wie riskant und wie groß eine Bank ist. Das folgt dem Prinzip: Wer hohe Risiken eingeht, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er den Fonds in Anspruch nimmt. Nach dieser Logik müssen vor allem Großbanken viel zahlen, die im Investmentbanking tätig sind.
Nun hat der Rat der Europäischen Union, in dem die Minister der Mitgliedsstaaten sitzen, eine Position in die Verhandlungen eingebracht, der die Bedeutung der Risikogewichtung abschwächen könnte. Nach der Ratsposition sollen nun zwei separate Töpfe gebildet werden: einer mit einem Fixbeitrag, einer mit risikogewichteten Beiträgen. Der Fixbeitrag soll sich an den Verbindlichkeiten einer Bank orientieren, gesicherte Einlagen werden dabei nicht mitgezählt.
Dass nun von der reinen Risikogewichtung abgesehen werden könnte, verärgert das Parlament: „Das verschiebt die Belastung innerhalb des Bankensystems“, prangert Sven Giegold, Abgeordneter der europäischen Grünen, an. Denn kommt diese Änderung, würden riskante Banken womöglich weniger zahlen müssen. Und jene, die im Wesentlichen nur Einlagen einsammeln und Kredite vergeben, müssten anteilig mehr zahlen. Dem Vernehmen nach haben sich vor allem solche Minister für diese Regelung eingesetzt, die große Banken in ihrem Heimatland haben – wie etwa Frankreich oder die Niederlande.
„Wir haben uns mit Erfolg dafür eingesetzt, dass die Beiträge zu Bankenabwicklungsfonds strikt risikoproportional sein müssen. Alles andere ist eine Subvention von Investmentbanken durch nachhaltige Banken durch die europäische Hintertür. Die Position der Mitgliedsländer droht mit Unterstützung der Bundesregierung, Sparkassen und Genossenschaftsbanken gegenüber der Deutschen Bank zu benachteiligen“, sagt Giegold.
Die Sparkassen sind freilich von dem Vorstoß nicht begeistert. Georg Fahrenschon, Chef des Sparkassenverbands, ist von der Idee eines gemeinsamen Fonds und den Plänen zur Befüllung des Abwicklungsfonds nicht überzeugt: „Es ist falsch, wenn Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken die Mittel zur europaweiten Abwicklung einer international engagierten Großbank aufbringen müssen. Es käme auch niemand auf die Idee, alle Kfz-Halter für die Versicherung von Gefahrguttransportern heranzuziehen.“
Auch die anderen Bankenverbände sind skeptisch. „Wichtig ist, dass man sich schnell darauf einigt, wie die Berechnung erfolgen soll, damit die Banken wissen, was auf sie zukommt“, sagt ein Lobbyist. Darauf versucht auch die Bundesregierung zu dringen. In einem internen Papier fordert sie, dass die Berechnung möglichst „robust“ und anhand „einfacher“ Parameter erfolgen soll. Darin schlägt sie auch vor, einen Freibetrag für kleine Banken einzuführen. Als Basisgröße zur Berechnung der Abgabe wird die Bilanzsumme abzüglich der gesicherten Einlagen und des Eigenkapitals herangezogen. Fällt ein Institut nach dieser Berechnung unter 500 Millionen Euro, müsste sie dem Vorschlag zufolge nicht in den Abwicklungsfonds einzahlen.
Unklarheit gibt es auch beim Zeithorizont. Die großen deutschen Bankenverbände haben sich in einem gemeinsamen Schreiben an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dafür eingesetzt, dass der Einzahlungszeitraum nicht verkürzt wird. Damit reagieren sie auf die Diskussion, ob der Fonds statt wie bisher gedacht binnen zehn Jahren auch schon in fünf Jahren befüllt werden könnte. Am Ende sollen 55 Milliarden Euro im Topf liegen. Nach Schätzungen der EU-Kommission müssten deutsche Institute davon rund ein Viertel tragen.
Am 10. März treffen sich die Minister, um über den Abwicklungsfonds erneut zu sprechen. Doch mit einer Einigung rechnet Finanzminister Wolfgang Schäuble noch nicht, sagte er am Freitag in Frankfurt. Das widerspreche seiner Lebenserfahrung, fügte er schmunzelnd hinzu.