Sven Giegold

SZ: Steuererklärung für Banken

Süddeutsche Zeitung, 12.11.2014

Institute müssen von 2015 an offenlegen, wo sie wie hohe Abgaben zahlen

Frankfurt – Für die Banken der Europäischen Union ist die Zeit der Heimlichkeiten ab Januar 2015 zu Ende. Dann müssen sie auf Geheiß der EU-Kommission offenlegen, in welchem Land sie wie viel Steuern und Gewinne verbuchen. „Country-by-country-Reporting“ nennt das die EU-Kommission. Sie will damit verhindern, dass Banken unbemerkt ihre Gewinne und damit ihre Steuerlast von EU-Land zu EU-Land verschieben können.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der bisherige Kommissionschef José Manuel Barroso das Papier als eine seiner letzten Amtshandlungen durchgewunken, bevor er am 1. November die Geschäfte an seinen Nachfolger Jean-Claude Juncker übergeben hat. Der Bericht datiert vom 30. Oktober 2014, also nur zwei Tage vor seinem Ausscheiden.

In EU-Kreisen ist zu hören, dass es Barroso wichtig war, diese Festlegung noch vor dem Amtswechsel abzuschließen. Nicht überliefert ist, ob er gehandelt hat aus Misstrauen gegen seinen Nachfolger, der ja bekanntermaßen jahrelang Finanzminister von Luxemburg war, das gerade wegen seiner Steuerpraxis heftig unter Beschuss gekommen ist.

Die Kommission hatte im Vorfeld die Prüfungsgesellschaft PwC beauftragt auszuloten, ob es negative wirtschaftliche Auswirkungen hätte, wenn Banken künftig ihre Steuern transparent darstellen müssen. Es folgte eine breit angelegte Befragung der Institute, der Aufsicht und anderer Marktteilnehmer. Das überraschende Ergebnis der Prüfer: Der offene Umgang mit Steuerdaten hätte keine negativen Auswirkungen. Banken müssen also nicht fürchten, dass sie deswegen von der internationalen Konkurrenz abgehängt werden.

Die Regel gilt ab 2015 für alle europäischen Geldhäuser – also nicht nur für große Privatinstitute, sondern auch etwa für deutsche Landesbanken. Bisher reichte es aus, wenn Banken angaben, wie viel sie in Summe an Steuern gezahlt haben. Künftig müssen sie für jedes einzelne Land, in dem sie aktiv sind, ausweisen, wie viel Gewinn sie vor Steuern gemacht haben, wie viel Gewinn sie nach Steuern gemacht haben, und wie hoch die öffentlichen Subventionen waren, die sie erhalten haben.

Dass sich die Kommission die Bankenbranche herausgegriffen hat, um die Steuertransparenz zu verbessern, ist kein Zufall. In der Finanzkrise wurde viel Steuerzahlergeld aufgewendet, um Institute vor der Pleite zu bewahren. Doch schon im Bericht findet sich der erste Hinweis, dass die Kommission noch mehr vorhaben könnte. Die Rufe nach mehr Steuertransparenz bei allen Unternehmen würden lauter, heißt es da, faire Steuerzahlungen würden immer stärker als Spielart der „unternehmerischen Verantwortung“ gesehen.

Sven Giegold, der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, fordert auch genau diese Konsequenzen: „Jetzt gibt es keine Ausreden mehr. Bundesfinanzminister Schäuble und EU-Kommissionschef Juncker müssen jetzt Vorschläge für länderbezogene Steuertransparenz für die Großunternehmen aller Branchen vorlegen. Steuertransparenz ist das Mindeste als Reaktion auf den Luxemburg-Skandal.“

Andrea Rexer

 

(SZ vom 12.11.2014)
Rubrik: Wirtschaft & Währung

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