Süddeutsche Zeitung vom 3.7.2013:
Von wegen Erfolg
EU-Parlamentarier wollen teure Fonds-Prämien verbieten. Doch es gibt Widerstand
Berlin – Wer sein Geld in Investmentfonds anlegen will, hat es ohnehin schon nicht leicht: Welches Produkt ist das richtige für mich? Wo bestehen die größten Risiken? Welcher Fonds hat die beste Wertentwicklung? Als wären das nicht genug Fragen, ist in den vergangenen Jahren zunehmend ein weiteres Problem aufgetaucht: Wie viel kostet mich das Produkt eigentlich genau?
War es früher üblich, dass beim Kauf eines Fondsanteils einmalig ein Ausgabeaufschlag zu zahlen war und jährlich Depot- und Verwaltungsgebühren – so haben sich mittlerweile erfolgsabhängige Prämien durchgesetzt, auch Performance Fees genannt. Sie fallen an, wenn sich der Wert des Fonds besser als eine bestimmte Benchmark entwickelt – also beispielsweise, wenn er sich besser als der Dax entwickelt. Das soll den Fondsmanager zu besonders guten Leistungen anspornen. Der Haken dabei: Nach Ansicht von Verbraucherschützern machen erfolgsabhängige Vergütungen es dem normalen Anleger nahezu unmöglich, die wahren Kosten eines Produkts abzuschätzen. Und das wiederum nutzen die Fondsanbieter häufig aus.
Ein Beispiel: Viele Fondsgesellschaften, darunter auch große deutsche, betrachten die Wertentwicklung jeweils jährlich. Das heißt: Wenn ein Fonds im Vorjahr 20 Prozent schlechter als der Vergleichsmaßstab abgeschnitten hat, in diesem Jahr aber zehn Prozent besser, dann ist für dieses Jahr eine erfolgsabhängige Vergütung fällig – obwohl sich der Fonds über zwei Jahre hinweg schlechter als der Index entwickelt hat. Noch ärgerlicher wird es, wenn sich der Vergleichsindex nach unten bewegt, beispielsweise um zehn Prozent, der Fonds aber nur um sechs Prozent. Dann kann es passieren, dass der Anleger eine erfolgsabhängige Gebühr bezahlen muss, obwohl er mit seinem Investment Verlust machte.
Nach diversen Beschwerden von Verbraucherschützern hat die deutsche Finanzaufsicht Bafin das Problem in Angriff genommen: Die Behörde, die die Kostenklauseln aller in Deutschland aufgelegten Fonds genehmigen muss, verlangt mittlerweile etwa, dass die Fondsgesellschaft ihre Leistung nicht mehr von Jahr zu Jahr berechnet, sondern negative Ergebnisse über fünf Jahre fortschreibt. Nur wenn der Fondsanteil mehr wert ist als fünf Jahre zuvor, darf eine Erfolgsgebühr erhoben werden. Aus Sicht von Verbraucherschützern ist das richtig. ‚Er reicht aber nicht‘, sagt Annabel Oelmann, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. So hätte sie sich gewünscht, dass die Bafin klare Regeln zur Höhe der Erfolgsvergütung aufstellt. ‚Vor allem genügt es nicht, das Problem nur in Deutschland anzugehen.‘ Denn viele Fondsgesellschaften wie etwa auch der Branchenriese DWS legen ihre Fonds in Luxemburg auf. ‚Um diese Fonds zu erfassen, brauchen wir eine EU-weite Regelung‘, sagt Oelmann.
An diesem Mittwoch wäre die Gelegenheit dafür. Das EU-Parlament will darüber abstimmen, ob man in der ohnehin anstehenden Investmentfonds-Richtlinie nicht auch gleich das Problem der Erfolgsprämien strenger regeln sollte. Auf Antrag von Sven Giegold, der für die Grünen im EU-Parlament sitzt, sollte etwa festgelegt werden, dass erfolgsabhängige Fondsgebühren nur noch ’symmetrisch‘ erhoben werden dürfen. Das heißt: Entwickelt sich der Fonds besser als der Vergleichsmaßstab, bekommt der Fondsmanager einen Bonus. Entwickelt er sich jedoch schlechter, soll es einen Malus geben. ‚Das heißt: Dann müssen die jährlichen Gebühren, die der Anleger zu zahlen hat, gesenkt werden‘, sagt Giegold. ‚Das würde sicherstellen, dass eine erfolgsabhängige Gebühr nur bei einem echten Nettogewinn der Anleger anfällt.‘
Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Parlaments hatte sich bereits für diesen Vorschlag ausgesprochen. Doch in letzter Sekunde regte sich Widerstand aus dem konservativen sowie dem liberalen Lager. Thomas Mann etwa, der für die CDU im Europaparlament sitzt, hält nichts von einer ’symmetrischen Ausgestaltung‘ der Vergütungen. Sie sei unausgewogen, sagt er. Allerdings spricht auch er sich dafür aus, das System der Performance Fees ‚generell auf seine Schwächen hin zu überprüfen‘. Dabei warnt Mann vor ‚populistischen Schnellschüssen‘. Stattdessen setzt er auf die EU-Kommission, die geeignete Vorschläge unterbreiten solle.
Auch der Fondsverband BVI plädiert dafür, erfolgsabhängige Vergütungen EU-weit zu regeln. Man müsse aber ‚einen Weg finden, der die Interessen von Privatanlegern und Anbietern ausgewogen berücksichtigt‘. Für Giegold dagegen ist die Sache klar: ‚Die leistungsbezogene Fondsvergütung ist weder leistungsgerecht noch fair.‘ Daniela Kuhr