Sven Giegold

Übergangsgelder für Ex-EU-Kommissare: Kontrollmechanismen haben versagt

In ihrer aktuellen Ausgabe berichtet DIE ZEIT, dass 16 ehemalige EU-Kommissare trotz Übergangsgeldern von der EU bereits bei neuen Arbeitgebern neue Gehälter beziehen. Übergangsgelder ermöglichen ehemaligen EU-Kommissaren eine “Abkühlungsphase” nach ihrem Mandat, um Interessenskonflikte in neuen Positionen zu vermeiden. In den aktuellen Enthüllungen werden u.a. Ex-Handelskommissar Karel De Gucht und Ex-Klimakommissarin Connie Hedegaard erwähnt. De Gucht wechselte nach seinem Mandat in die Aufsichtsräte des Stahlkonzerns Arcelor-Mittal und des Telekommunikationskonzern Proxismus. Hedegaard wurde Aufsichtsratsmitglied beim Klima- und Kältetechnikkonzern Danfoss. Die aktuellen Enthüllungen kommentiert Sven Giegold (MdEP), Berichterstatter für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen:

“Die Fälle der Ex-Kommissare offenbaren ein eklatantes Versagen der Kontrollmechanismen in der EU-Kommission. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die schnellen Seitenwechsel der Kommissare trotz Übergangsgeld von der EU-Kommission genehmigt wurden. Jede Anschlusstätigkeit eines Ex-Kommissars innerhalb von 18 Monaten nach dem Mandatsende muss vom Ethikkomitee genehmigt und von der EU-Kommission bestätigt werden. Die Kontrollmechanismen zur Einhaltung des Verhaltenskodex müssen grundlegend reformiert werden. Das Kernproblem ist ein Mangel an Unabhängigkeit in der Beurteilung von Interessenkonflikten von Ex-Kommissaren. Das Ethikkomitee ist nicht unabhängig, weil es von der EU-Kommission selbst besetzt wird. Gleichzeitig müssen die Privilegien selbst reformiert werden.

Eine bezahlte Übergangsphase nach dem Mandat ist ein Privileg und kein Karrierehindernis. Die ehemaligen Kommissare beschädigen nachträglich das Ansehen der EU-Kommission. Bei den Bürgern entsteht der fatale Eindruck, dass die EU ein Club zur Selbstbereicherung sei. Die heutige EU-Kommission muss diesen Fällen mit aller Härte nachgehen. Der Fall Barroso ist für die EU-Kommission ein Lackmustest. Juncker darf den Freispruch des Ethikkomitees nicht so stehen lassen, sondern muss einen härteren Vorschlag machen. Wer die Seiten mit eklatanten Interessenkonflikten wechselt, sollte etwa seine Pensionsansprüche verlieren. Das entspricht auch dem Anspruch des EU-Vertrags (Art. 245 AEUV).

Wir Politiker müssen uns strenge Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten geben. Wer den Verhaltenskodex bricht, muss sanktioniert werden. Das heißt auch: Übergangsgelder und Pensionsansprüche müssen gestrichen werden, wenn ein ehemaliger EU-Kommissar die vorgeschriebene Karenzzeit nicht einhält. Die EU-Kommission darf jetzt nicht tatenlos zu sehen, wie ihre Vorgänger den Ruf Europas beschädigen.”