Sven Giegold

Union Invest & DWS: Fondsgesellschaften zocken Kunden bei Gebühren ab

Heute erschien in der Süddeutschen Zeitung ein bemerkenswerter Artikel. Mehrere deutsche Fondsgesellschaften umgehen Verbraucherschutzregeln zur Begrenzung der Gebühren über die Steuer- und Regulierungsoase Luxemburg. Das geht so:

Seit dem 1.7.2013 gelten für in Deutschland aufgelegte Investmentfonds Regeln zur Gestaltung von Fondsgebühren. Insbesondere begrenzen sie die Abzocke mit sogenannten “performance fees”. Diese Gebühren verlangen von den Anlegern extra Gebühren, wenn die Wertentwicklung positiv ist. Stagniert der Wert des Fonds oder schrumpft er, so wird keine Gebühr fällig. Das klingt fair, ist es aber nicht. Denn damit profitiert die Fondsgesellschaft vom Auf und Ab der Börsen, ohne dass es tatsächlich zu Wertsteigerungen für die AnlegerInnen kommen muss. Die “performance fees” wurden von den vier größten deutschen Publikumsfondsgesellschaften um 2009 fast gemeinam eingeführt: Deka (Sparkassen), Union Investment (Volks- und Raiffeisenbanken), DWS (Deutsche Bank) und Allianz Global Investors. Die Fondsgesellschaften profitierten also im Extremfall durch die Finanzkrise leistungslos von der Erholung der Börsenkurse nach dem Tiefpunkt der Aktienkurse. Gerade in Deutschland leiden die AnlegerInnen von Investmentfonds von hohen Gebühren, die die Erträge über die Zeit schmerzlich lindern.

Diesen Treiben setzen die “neuen Fondsregeln” der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) in Deutschland nun Grenzen (genauer s.u.). Sie treffen aber nur Fonds, die in Deutschland aufgelegt wurden. Viele Investmentfonds werden jedoch in Luxemburg registriert und dann in Deutschland vertrieben. Die deutschen Regeln gelten dann nicht. Mein Versuch, Gebührenregeln europaweit zu verankern, scheiterte im Juli 2013 knapp im Plenum des Europaparlaments an den Abgeordneten von CDU, CSU und FDP (https://sven-giegold.de/2013/strasburg-wechselbad-der-gefuhle/)

Erfreulicherweise haben Deka (Sparkassen) und Allianz Global Investors freiwillig erklärt, die neuen Bafin-Regeln auch für ihre in Luxemburg registrierten Fonds anzuwenden. Deutsche Bank (DWS) und Genossenschaftsbanken (Union Invest) wollen jedoch weitermachen können wie bisher. Gerade bei den Genossenschaftsbanken widerspricht diese Abzocke der eigenen Kunden dem genossenschaftlichen Förderprinzip, das die Interessen der Mitglieder und Kunden in den Mittelpunkt stellt und nicht die Maximierung von Gewinnen und Erträgen.

Es wäre wirklich erfreulich und im Interesse der Anlegerinnen und Anleger, wenn die gesamte deutsche Fondswirtschaft auf missbräuchliche Gebühren verzichten würde. Die Bundesregierung sollte zudem Druck in Brüssel machen, damit es zu einer gleichmäßigen Regulierung im EU-Binnenmarkt kommt. Die EU-Börsen- und Marktaufsichtsbehörde ESMA könnte zügig mit Richtlinien reagieren, bis die EU-Kommission eine erneuerte Revision der Investmentfondsrichtlinie (Europasprech “Ucits VI”) vorschlägt, die das Problem rechtsverbindlich europaweit lösen könnte. Hierzu bin ich mit der EU-Kommission im Gespräch.

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Der Artikel in der Süddeutschen: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/dws-und-unioninvest-fondsgesellschaften-zocken-kunden-ab-1.1851147

Folgeberichte sprudeln:

Die WELT: http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article123344344/DWS-und-Union-halten-an-unfairen-Gebuehren-fest.html

FOCUSmoney: http://www.focus.de/finanzen/news/schlupfloch-in-luxemburg-fondsgesellschaften-zocken-kunden-ab_id_3505439.html

WirtschaftsWoche: http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/erfolgsgebuehren-union-invest-und-dws-sollen-kunden-abgezockt-haben/9264842.html

n-tv: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Fondsgesellschaften-nutzen-Schlupfloecher-article11978246.html

Handelsblatt (AFP): http://www.handelsblatt.com/finanzen/fonds/nachrichten/performance-fee-fonds-nutzen-schlupfloch-fuer-riskante-geschaefte/9264878.html

Tageblatt (Luxemburg): http://www.tageblatt.lu/nachrichten/europa/story/13294517

Wirtschaftsblatt (Österreich) (AFP): http://wirtschaftsblatt.at/home/boerse/europa/1511268/Fondsanbieter-fahren-via-Luxemburg-volles-Risiko

T-online.de (AFP): http://www.t-online.de/wirtschaft/boerse/fonds-etf/id_67175552/fondsanbieter-nutzen-schlupfloch.html

Huffington Post Deutschland: http://www.huffingtonpost.de/2013/12/26/union-invest-dws-steuerschlupfloecher-abzocke_n_4504746.html?utm_hp_ref=wirtschaft

Thüringer Landeszeitung (AFP): http://www.tlz.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Fondsanbieter-nutzen-Schlupfloch-fuer-riskante-Geschaefte-152640155

finanztreff.de: http://nachrichten.finanztreff.de/news_news.htn?sektion=meistgelesen&id=9508533

aktiencheck: http://www.aktiencheck.de/news/Artikel-DJ_PRESSESPIEGEL_Unternehmen-5437964

Business Panorama (AFP): http://business-panorama.de/news.php?newsid=209293

Zeit.de: http://www.zeit.de/news/2013-12/27/deutschland-fondsanbieter-nutzen-schlupfloch-fuer-riskante-geschaefte-27103806

Neues Deutschland: https://www.neues-deutschland.de/artikel/919220.fondsanbieter-nutzen-schlupfloch-in-luxemburg.html

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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