Sven Giegold

Vertragsverletzungsverfahren: EU-Kommissar Dombrovskis darf Verstöße gegen europäische Geldwäscheregeln nicht länger dulden

Am heutigen Mittwoch hat die Europäische Kommission Aufforderungsschreiben an acht Mitgliedstaaten verschickt, die die Fünfte Anti-Geldwäscherichtlinie bis jetzt nicht in nationales Recht umgesetzt haben. Die Frist zur Umsetzung endete am 10. Januar 2020. Ohne eine zufriedenstellende Antwort aus Zypern, Ungarn, den Niederlanden, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Slowenien und Spanien innerhalb von zwei Monaten kann die EU-Kommission beschließen, ihnen eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln. Nach Prüfung der Vollständigkeit wird die EU-Kommission dann in einem zweiten Schritt die Korrektheit der nationalen Gesetze prüfen. Größte Neuerung der Fünften Anti-Geldwäscherichtlinie ist die Öffnung des Transparenzregisters der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen für die breite Öffentlichkeit. In Deutschland trat das entsprechende Umsetzungsgesetz zum 1. Januar 2020 in Kraft. Die Probleme der deutschen Verdachtsmeldestelle für Geldwäsche (FIU) bestehen laut Pressemeldungen jedoch fort.

Derzeit laufen noch gegen 17 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren zur Vierten Anti-Geldwäscherichtlinie, die bis Juni 2017 umzusetzen war. Mit der Korrektheitsprüfung der Vierten Anti-Geldwäscherichtlinie hat die Europäische Kommission den Europarat beauftragt, die Prüfung wird bis mindestens Mitte 2021 dauern. Die Vertragsverletzungsverfahren der 2007 in Kraft getretenen Dritten Anti-Geldwäscherichtinie hat die EU-Kommission eingestellt, obwohl deren Regeln zu großen Teilen in die Vierte und Fünfte Richtlinie übernommen wurden.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Die EU-Kommission muss noch stärker durchgreifen, wenn europäische Regierungen ihren Pflichten im Kampf gegen Finanzkriminalität nicht nachkommen. Es ist zwar gut, dass die EU-Kommission nun Vertragsverletzungsverfahren einleitet, aber das Problem liegt tiefer. Seit dreizehn Jahren werden die Vorschriften zur Meldung von Geldwäscheverdacht in vielen Ländern nicht eingehalten. Dagegen muss die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Auch Deutschland gehört zu den Sündern bei der Geldwäscheprävention. Seit 2007 hat Deutschland es nicht geschafft, eine funktionsfähige Verdachtsmeldestelle für Geldwäsche einzurichten. Die Geldwäscheprävention in Deutschland ist ein Desaster. Die EU-Kommission darf sich nicht nur mit Kleingedrucktem beschäftigen, sondern muss die wirksame Umsetzung von Geldwäscheprävention sicherstellen. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verlangt es, entschieden gegen diese andauernden Verstöße von Unionsrecht vorzugehen. 

Zur Sicherheit Europas muss Dombrovskis hier mehr Mut beweisen als seine glücklose Vorgängerin Věra Jourová. Es reicht nicht, lediglich die Umsetzung der europäischen Regeln zu prüfen. Wenn Kommissionsbeamte das Kleingedruckte bei der Implementierung der Fünften Anti-Geldwäscherichtlinie kritisch beäugen, wird davon noch kein einziger Fall von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verhindert. Dass die EU-Kommission den Europarat beauftragt hat, die Korrektheit der nationalen Gesetze zur Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie in allen EU-Mitgliedstaaten zu prüfen, zeigt wie schwach die EU-Kommission selbst aufgestellt ist.” 

Vertragsverletzungsverfahren im Februar: Wichtigste Beschlüsse der EU-Kommission:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/api/files/document/print/de/inf_20_202/INF_20_202_DE.pdf

Antwort der EU-Kommission vom 12. Dezember 2019 auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Stand der Umsetzung der europäischen Anti-Geldwäschegesetze (auf Englisch):
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2020/02/B9-0045-2019-EN.pdf

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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