Sven Giegold

Whistleblower: Öffentlicher Druck macht Einigung heute Nacht wahrscheinlich

Im Trilog-Treffen von Europaparlament, EU-Kommission und Rat der Mitgliedstaaten zu Whistleblower-Schutz heute Abend gilt eine Einigung als wahrscheinlich. Beim Knackpunkt, ob Whistleblower zur internen Meldung gezwungen sind, um bei anschließend externer Meldung an Aufseher oder danach einer Meldung an Presse oder Öffentlichkeit garantiert Rechtsschutz  zu bekommen, deutet sich ein Kompromiss nahe der Position des Europaparlaments an. Das Europaparlament will Whistleblower zur internen Meldung ermutigen, ihnen aber auch Schutz garantieren, wenn sie sich aus Angst vor Verdunkelung oder Repressalien direkt an Aufsichtsbehörden wenden. Katarina Barley signalisierte nach Kritik von Grünen, europäischen Sozialdemokraten und Zivilgesellschaft am Freitag Einlenken. Barley ließ sich zitieren: “Deswegen müssen sie diesen internen Meldeweg auch nicht beschreiten, wenn sie befürchten müssen, dass es entweder zwecklos ist, oder sie selbst ansonsten Nachteile erleiden.” In einer öffentlichen Runde des Justiz-Ministerrats am Freitag gab es daraufhin fast nur noch Unterstützung für diese Kompromisslinie der rumänischen Präsidentschaft. Die Ratsarbeitsgruppe zum Thema sitzt seit heute Morgen bis nachmittags zusammen. 20h-20h30 trifft sich die Parlamentsdelegation allein. Ab 20h30 bis Mitternacht kommen die Vertreter der drei Institutionen im Trilog-Treffen zusammen. Dabei geht es aus praktischen Gründen im gleichen Treffen um Whistleblowerschutz und Unternehmensrecht.

 

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Der Druck auf Justizministerin Barley hat gewirkt. Barleys Einlenken für effektiven Whistleblowerschutz macht eine Einigung heute Nacht wahrscheinlich. Whistleblower mussten lange genug auf das Einsehen der SPD-Ministerin warten. Whistleblower verdienen heute ein klares Signal, dass Europa ihr mutiges Handeln schützen wird. Hinweisgeber müssen vollen europäischen Rechtsschutz genießen, auch wenn sie sich aus Angst vor Verdunkelung oder Repressalien direkt an Behörden. Effektiver Schutz ist nötig für Whistleblower in Gefahr. Nur ein starker Schutz von Whistleblowern stärkt auch die Arbeit der Medien, die auf Hinweisgeber angewiesen ist.”

 

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HINTERGRUND

 

Der Rat bestand bisher auf der Pflicht von Whistleblowern, zuerst in der eigenen Firma oder Behörde Meldung zu machen (erste Stufe), bevor sie sich extern an eine Aufsichtsbehörde (zweite Stufe) und erst dann an die Presse oder Öffentlichkeit (dritte Stufe) wenden können. Whistleblower müssten jeweils 3 bis 6 Monate auf Rückmeldung in der ersten und zweiten Stufe warten, bevor sie sich erst nach einem Jahr auf europäischen Rechtsschutz bei öffentlicher Meldung verlassen könnten (dreistufiges Meldesystem). Dieses Verfahren ist für viele Whistleblower unzumutbar. Das Parlament will für Whistleblower Rechtssicherheit unabhängig davon garantieren, ob sie intern Alarm schlagen oder sich direkt an eine Aufsichtsbehörde wenden (zweistufiges Meldesystem). Schon nach 2 bis 4 Monaten könnten Whistleblower so öffentlich bei garantiertem Rechtsschutz Alarm schlagen.

Rubrik: Demokratie & Lobby

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