Sven Giegold

Zusammenfassung der Position des EP zum FTT Vorschlag der Kommission

Nach mehr als 10 Jahren zivilgesellschaftlicher Kampagnenführung hat die KOM im Sommer 2011 eine Kehrwendung gemacht und eine weitreichende Richtlinie für die Besteuerung von Finanztransaktionen (FTT) vorgeschlagen. Gestärkt wurden die Forderungen 2010/2011 durch eine starke Position des EP, die durch das Eurobarometer signalisierte breite Unterstützung der Öffenltichkeit und nicht zuletzt die geänderte Einstellung der Mitte-Rechts-Regierung in Deutschland und in Frankreich. Es ist allgemein anerkannt, dass der Finanzsektor erheblich unter-besteuert ist und kaum jemand stellt sich noch gegen die Idee, irgendeine Form der Besteuerung einzuführen. Der Reiz der FTT ist, dass sie eine doppelte Dividende bietet. Das ist genau der Grund, warum einige Akteure sich ihr dennoch widersetzen:

  1. Es würden zusätzliche Einnahmen von bis zu 57 Mrd. Euro pro Jahr in der EU-27 erzeugt werden (mehr als bei anderen finanziellen Besteuerungsvorschlägen, die momentan erörtert werden); und
  2. Regulierung der Finanzmärkte, da bestimmte Formen von schädlichen Handelsaktivitäten unattraktiv werden würden.

Darüber hinaus hat die KOM eine Verknüpfung mit EU-Eigenmitteln vorgeschlagen: 2/3 der Einnahmen sollen direkt an den EU-Haushalt fließen und dadurch die Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend verringern und, 1/3 soll direkt an die nationalen Haushalte fließen.

Auf diese Weise könnten die Beträge der Mitgliedsstaaten zum EU Budget allgemein und automatisch reduziert werden.

Grüne Kernpunkte der Richtlinie

Generell unterstützen wir den KOM-Vorschlag sehr, wir haben jedoch eine Reihe von Änderungen eingereicht, um einige Bestimmungen zu stärken:

– Das Wohnsitz-Prinzip, wie es von der KOM vorgeschlagen wurde, ist nicht streng genug, um Steuerhinterziehung effektiv zu verhindern, daher haben wir vorgeschlagen, es um Emissions- und Eigentumsprinzipien zu erweitern, wie es von Pro-FTT WissenschaftlerInnen angeregt wird. Dies hat breite Unterstützung gefunden.- Bzgl. der Verwendung der Mittel haben wir sichergestellt, dass der Abschlussbericht ein positives Signal für die Finanzierung von globalen, öffentlichen Gütern, wie z.B. der Entwicklungshilfe und den Kampf gegen Klimawandel, setzt. Darüber ist unsere Forderung, dass die Einnahmen in den EU Haushalt fließen sollen, bevor sie weitergeleitet werden, in einen neutraleren Bezug zum Eigenmittel-Vorschlag eingegangen.

–  Die KOM hat Devisentransaktionen mit Bezug auf juristische Argumente (aber ohne überzeugende Argumente) ausgenommen (was bedeuten würde, die Tobin-Steuer aus der FTT auszuschließen). Wir konnten die Abgeordneten auf Basis anderer Rechtsmeinungen dennoch davon überzeugen, die Tobin-Steuer mit aufzunehmen.

Verstärkte Zusammenarbeit: Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten des Rats, dem Vorschlag als EU 27 anzunehmen, setzt der ECON-Bericht ein positives Signal in Richtung einer verstärkten Zusammenarbeit.

Hochfrequenzhandel: Unser Versuch, stornierte Börsenorders in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen, wurde in den Kompromiss, der auch die Überarbeitungs-Klausel umfasst, aufgenommen. Grüne fordern, dass eine Steuer erhoben wird, wenn im Durchschnitt die Zahl der stornierten Aufträge pro Börsentag 15 Mal so hoch ist, wie die Anzahl der ausgeführten Aufträge.
Der Hochfrequenzhandel ist natürlich jetzt schon abgedeckt, wenn Transaktionen ausgeführt werden, aber ein wichtiger Teil des Casino-Spiels besteht jedoch darin, eine sehr große Anzahl von Aufträgen zu platzieren um die Märkte zu testen und diese dann wieder zurückzuziehen.

Negative Punkte:

Pensionsfonds wurden vollkommen ausgenommen. In den Kompromissverhandlungen haben wir vorgeschlagen, eine Übergangsfrist zu gewähren, innerhalb derer Pensionsfonds ihre Anlagestrategie in Hinblick auf langfristige Investitionen hätten anpassen können. Jedoch war das für EVP und ALDE nicht akzeptabel. Es ist wichtig hervorzuheben, dass laut einer OECD-Studie (1) Pensionsfonds mit konservativen Investment-Portfolios (was generell mit einer niedrigen Transaktionsfrequenz einhergeht) zwischen 2008-2010 am besten abgeschnitten haben. Eine umfassende FTT würde Pensionsfonds also anreizen, vernünftigere und erfolgreichere Anlagestrategien zu verfolgen.

Der Vorschlag der Kommission ist hier hinterlegt (2011) und die abgestimmten Änderungsanträge des Parlaments, die vom Rat aufgenommen werden sollen, gibt es hier.

(1) OECD Pension Markets in Focus: http://www.oecd.org/document/35/0,3746,en_2649_34853_36082019_1_1_1_1,00.html

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Rubrik: Wirtschaft & Währung

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