Sven Giegold

Focus: EU – Kreditkarten-Unternehmen zocken die Verbraucher ab

Erschienen in Focus Online am 07.02.2014.focus_online_logo

EU: Kreditkarten-Unternehmen zocken die Verbraucher ab

Fast ohne es zu merken, zahlen Verbraucher horrende Summen für ihre Einkäufe. Die Gebühren der Kartenzahlungsunternehmen wie Visa und Mastercard belaufen sich auf 10 Milliarden Euro. Die EU will die Abzocke stoppen – doch die Gegner sind mächtig.

Ohne es zu wissen, zahlen die europäischen Verbraucher über zehn Milliarden Euro zu viel für ihre Einkäufe. Kartenzahlungsunternehmen wie Visa und Mastercard und die Banken, die eigene Debit- und Kreditkarten ausgeben, fahren als Folge von Marktmacht und fehlendem Wettbewerb hohe Gewinne ein. Nach vielen Jahren will die Europäische Union diese Situation endlich durch einen Gesetzesvorschlag beenden. Die Gebühren für Kartenzahlungen werden gekappt und fairer Wettbewerb auf den Märkten des Zahlungsverkehrs gefördert. Ironischerweise untergraben konservative Politiker, darunter auch deutsche Vertreter, die klassischen Fürsprecher von Binnenmarkt und Wettbewerb, diese Pläne für effiziente Märkte von Seiten des Europaparlaments.

Die Europäische Kommission schätzt, dass die Einzelhändler in Europa eine Rechnung über mehr als 10 Milliarden Euro allein durch die Annahme von Debit- und Kreditkarten zu begleichen haben. Ein Teil dieser Summe ist dadurch gerechtfertigt, dass sie die Kosten für die Abwicklung der Kartenzahlungen abdecken. Doch aufgrund fehlender Transparenz über die tatsächlichen Kosten und einem Mangel an effektivem Wettbewerb haben die Preise für Kartenzahlungen eine absurde Höhe erreicht.

Der Markt hat nichts mehr zu sagen

Marktmechanismen sind in diesem Bereich weitesgehend außer Kraft gesetzt. Ein erheblicher Teil der Kosten basiert auf der Tatsache, dass die Einzelhändler für jede Transaktion eine Gebühr an ihre Bank zahlen, die als undurchsichtige „Austauschgebühr“ bekannt ist und die Kosten der Transaktion kompensieren soll. Diese Gebühr wird von den Kartengesellschaften erhoben. Da es auf dem europäischen Zahlungsmarkt ein faktisches Duopol gibt, ist es fast unmöglich für Einzelhändler die Annahme von Visa und Mastercard-Karten zu verweigern, unabhängig davon, welch hohe Preise sie verlangen.

Diese Lage schafft einen Anreiz für Visa und Mastercard ihre Gebühren zu erhöhen, anstatt sie zu senken, um mehr Banken zur Ausgabe ihrer Karten zu bewegen. Das ist ein klarer Missbrauch von Marktmacht. Neue und innovative Zahlungsdienstleister sind nicht in der Lage, Banken Entgelte in der gleichen Höhe anzubieten. Sie können dadurch nur schwer in den Zahlungsmarkt einsteigen und damit auch kein besseres Angebot für die Einzelhändler und Verbraucher ermöglichen.

Drei Vorschläge gegen die Abzocke

Die Kommission versucht mit ihrem aktuellen Gesetzesvorschlag über Gebühren für Kartenzahlungen diesem Mangel an Wettbewerb mit drei zentralen Maßnahmen zu begegnen. Zum einen schlägt sie eine Begrenzung der Höhe der Gebühren für die am meisten genutzten Zahlungskarten vor, was die jährlichen Kosten für Verbraucher und Händler um bis zu neun Milliarden Euro reduzieren kann. Zweitens wird die Möglichkeit für Einzelhändler vorgesehen, dass sie mit günstigen Zahlungsdienstleistern aus anderen Teilen der EU zusammenarbeiten können. Schließlich wird versucht, das Recht der Einzelhändler zu garantieren, die Zahlungskarten abzulehnen, die sehr hohe Gebühren verlangen.

Den Konservativen im Europarlament geht das zu weit. Pablo Zalba, spanisches Mitglied der konservativ-christdemokratischen EPP-Fraktion, der die Arbeiten an der Verordnung im Europäischen Parlament leitet, versucht deshalb alle drei Maßnahmen zu vereiteln. Er schlägt eine Begrenzung vor, die die einfache Prozentzahl durch einen sehr viel komplizierter ermittelten Durchschnitt ersetzt. Damit versetzt er der Transparenz den Todesstoß.

Zweitens schlägt Zalba vor, die Definition der grenzüberschreitenden Transaktionen einzuschränken, sodass der Händler keinen ausländischen Zahlungsdienstleister nutzen kann. Damit begrenzt er effektiv die Möglichkeit, dass zum Beispiel ein spanischer Einzelhändler einen Zahlungsdienstleister aus Portugal auswählen kann. Dabei kann er auf die Unterstützung seines deutschen konservativen Kollegen Burkhard Balz zählen, dieser Vertritt die gleiche Position.

Kreditkarten ablehnen dürfen

Schließlich zwingt der konservative spanische Politiker mit seinen Vorschlägen die Einzelhändler dazu, entweder gar keine oder nur alle Karten des gleichen Systems im Paket zu akzeptieren. Auch dabei kann er auf die CDU setzen. Seine Kollegen Burkhard Balz und Werner Langen verfolgen mit ihren Vorschlägen das gleiche Ziel. Fairer Wettbewerb sieht anders aus: Händler müssen bestimmte Zahlungskarten ablehen können, um auch ohne goldene Kreditkarten ihr Geschäft am Laufen zu halten.

Die Grünen im Europaparlament haben Gegenvorschläge in den Gestzesprozess eingespeist, die sicherstellen, dass die Einzelhändler und Verbraucher von einem echten Wettbewerb auf dem Zahlungsmarkt profitieren: Bei den Gebühren für Kartenzahlungen fordern wir eine effektive Begrenzung der Höhe der Interbankenentgelte für Kreditkarten und ein Ende von Interbankentgelten für Debitkarten. Es ist höchste Zeit, die Möglichkeit der Einzelhändler Karten abzulehnen zu stärken, wenn überhöhte Gebühren verlangt werden. Schließlich rufen wir die Europäische Bankaufsichtsbehörde dazu auf, vollkommen transparent zu machen, welche Gewinne mit den Kartenzahlungen gemacht werden. Noch bleibt den Konservativen im Europäischen Parlament Zeit, treu zum fairen Wettbewerb zu sein, wie sie es immer behaupten.

Rubrik: Unkategorisiert, Wirtschaft & Währung

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