Sven Giegold

Mitgliedstaaten schieben das Europäische Semester in Richtung Abstellgleis

Unter dem Dach der gemeinsamen Währung ist eine bessere Koordinierung der weiteren Wirtschaftspolitik bspw. zu Steuern oder Investitionen notwendig. Über dieses sachliche Argument hinaus eröffnet das Europäische Semester die Chance, über die EU 2020-Ziele vor allem Armutsbekämpfung, Klimschutz und Bildungsqualität voranzubringen. Somit ist das Semester ein wichtiger Schauplatz um gegen die einseitig auf Sparen ausgerichtete Krisenpolitik vorzugehen. EU-Kommission und Staats- und Regierungschefs einigen sich dabei auf Prioritäten für Reformen. Die darauf basierenden Empfehlungen der Kommission werden anschließend von den Mitgliedsstaaten abgesegnet.

Wir haben uns mit Hilfe der MitarbeiterInnen des Europaparlaments genauer angeschaut, in wie weit die Koordinierung der Wirtschaftspolitik in Rahmen des Europäischen Semesters funktioniert hat. Unsere Auswertung der Tabellen zur Reformevaluierung der Kommission zeigen mehr Schatten als Licht:

Im Jahr 2012 haben die Mitgliedsstaaten nur 12% der Empfehlungen wirklich umsetzt. Im aktuellen Durchgang des Europäischen Semesters haben die Länder diesen Wert noch unterboten: Sie haben nur peinliche 9,2% der Reformvorschläge in die Realität umgesetzt.

Quantität ist hierbei nicht gleichbedeutend mit Qualität. Die Kommissionsvorschläge sind mit Schwächen behaftet und kein wirtschaftspolitisches Allheilmittel. Dennoch sind die meisten der Vorschläge auch aus unserer Sicht unterstützenswert. Bei den Reformempfehlungen der Kommission zum Thema Steuern allerdings sind Vorschläge zur Harmonisierung oder Koordinierung von Unternehmenssteuern, d.h. Maßnahmen um dem Steuersenkungswettlauf zu bremsen, stark unterbelichtet. Die Mitgliedsstaaten dürfen Mängel an den Empfehlungen der Brüsseler Behörde jedoch nicht als Alibi nutzen, um das Europäische Semester zu ignorieren.  Eine Währungsunion braucht eine effektive wirtschaftspolitische Koordinierung und das Semester bietet das Werkzeug dafür. Für einen Ausweg aus der Krise müssen sich die Mitgliedsstaaten eines Besseren besinnen.

 

Member statesProgress on implementation of the country specific recommendations (CSRs) 2013 (based on Commission staff documents from June 2014)
Substantial progress (green category)Full progress (green category)Some progress (yellow progress)Limited Progress (red category)No progress (red category)Sum of reforms
BE347
BG1427
CZ1517
DK1113
DE224
EE1315
IE*------
EL*------
ES189
FR66
HR**------
IT156
CY*------
LV1517
LT1326
LU156
HU257
MT325
NL1214
AT617
PL1427
PT*------
RO1258
SL1269
SK246
FI235
SE1124
UK1326
SUM12165594141
* To avoid problems of duplication with the Economic Adjustment Programme there are no additional recommendations for this member state
** Croatia (HR) joined the EU in July 2013, therefore no recommendations for this members have been issued in 2013 and likewise there is no CSR evaluation

 

Informationen zum diesjährigen Durchgang des Europäischen Semesters:

– die oben dargestellte und von uns erstellte Umsetzungsbilanz zu den 2013er Reformvorschlägen der Kommission finden Sie hier.

– eine Übersichtstabelle zur Evaluierung der 2013er Reformvorschläge der Kommission finden Sie hier.

 

Informationen zum letztjährigen Durchgang des Europäischen Semesters:

– eine von uns erstellte Umsetzungsbilanz zu den 2012er Reformvorschlägen der Kommission finden Sie hier.

– eine Übersichtstabelle zur Evaluierung der 2012er Reformvorschläge der Kommission finden Sie hier.

Rubrik: Unkategorisiert

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