Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Interessierte,
bei meinem Bericht zur besseren Zusammenarbeit in Steuerfragen in Europa hat die AfD eine Reihe entlarvender Änderungsanträge gestellt, von denen Ihr und Sie erfahren sollten: Heute (4. Februar) haben wir im Wirtschafts- und Währungsausschuss über den Parlamentsbericht zu einer neuen EU-Richtlinie abgestimmt, die den Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbehörden verbessern soll. Ich war als Berichterstatter für die 7. Reform der Richtlinie zur Zusammenarbeit in Steuerfragen sehr zufrieden, denn: Alle Fraktionen im Europaparlament sind sich einig, dass wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Steuerfragen verbessern müssen um Steuerbetrug zu verhindern – nur die AfD hält das anscheinend nicht für nötig. Alle proeuropäischen Parteien wollen die effektive Zusammenarbeit stärken und haben das durch entsprechende Änderungsanträge auch gezeigt.
Nur: Der AfD-Abgeordnete Gunnar Beck hat mehrere Änderungsanträge zum Parlamentsbericht eingereicht. Sein offensichtliches Ziel: den Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden zu behindern. Was die AfD “Verteidigung der nationalen Souveränität” nennt, bedeutet in Wahrheit einen massiven Steuer-Schaden für die Mehrheit der Bevölkerung. Denn ein Großteil des Geldes würde, wenn es nach der AfD geht, weiter in Steueroasen abfließen oder durch aggressive Steuervermeidung von Großunternehmen versickern. Das ist, um es in den Worten der AfD zu sagen, reichlich “unpatriotisch”.
Mit ihren Änderungsanträgen zielten die Rechtspopulisten darauf ab, gemeinsame Prüfungen, ausgeführt von zwei oder mehr Finanzämtern über Ländergrenzen hinweg, zu erschweren oder ganz zu verhindern. Wenn es nach der AfD ginge, dann müssten EU-Länder weder auf Anfragen für gemeinsame Steuerprüfungen reagieren noch die gemeinsam gesammelten Beweismittel anerkennen. Insgesamt solle es keinen verbindlichen Rechtsrahmen für gemeinsame Prüfungen geben (der deutsche Steuerzahler*innen Rechtssicherheit geben würde!). Insgesamt wollten sie die Rechte von Finanzbeamt*innen im Rahmen einer behördlichen Untersuchung in einem anderen EU-Land stark begrenzen. Sie sollen allerhöchstens ihren Kolleg*innen passiv über die Schulter gucken können aber ja nicht eigene Fragen stellen oder sich gar Unterlagen angucken dürfen, ohne die ausdrückliche Erlaubnis des empfangenden Mitgliedsstaates. Steuerbehördlicher Austausch auf digitalem Weg bei entsprechenden Anfragen sei ebenfalls nicht verpflichtend. Die Botschaft ist klar: Nationalismus geht vor Steuergerechtigkeit.
Hier zeigt sich wieder einmal: Diese Partei ist keine Alternative – schon gar nicht, wenn es um das Gemeinwohl und die Interessen ehrlicher Steuerzahler*innen geht. Anders als die AfD selbst von sich behauptet, schützt sie nicht die “normalen” Bürger*innen sondern die steuertricksenden Unternehmen und Vermögenden vor der Steuergerechtigkeit. Wenn Finanzämter innerhalb Europas steuerlich relevante Informationen austauschen, dann helfen sie einander, geltendes Steuerrecht durchzusetzen und Steuerhinterzieher*innen zur Rechenschaft zu ziehen. Aber anstatt dafür zu sorgen, dass unsere Steuerbehörden ihre Arbeit machen können, schützt die AfD lieber die Steuertrickser*innen, die sich ihrem Beitrag zum Gemeinwohl entziehen wollen.
Der öffentlichen Hand in Deutschland gehen jährlich mehr als 29,5 Milliarden Euro an direkten Steuereinnahmen durch aggressive Steuervermeidung von Großunternehmen und Steuerflucht von Privatpersonen verloren. Das sind 361€ pro Einwohner*in pro Jahr! Rechnet man die geschätzten indirekten Verluste mit ein, dann sind es womöglich sogar mehr als 90 Milliarden Euro jährlich. Diese Milliarden fehlen uns für Investitionen in den Klimaschutz, das Gesundheitswesen, die Bildung und die Infrastruktur für die Zukunft. Anders gesagt: Mit den entgangenen (direkten!) Steuereinnahmen eines Jahres könnten wir in Deutschland die Jahresgehälter von 640.975 Krankenpfleger*innen bezahlen, wie das Tax Justice Network ausgerechnet hat. Einen Teil dieses Geldes können wir durch die Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden anderer EU-Länder zurückholen – und deshalb sollten wir keine Gelegenheit verstreichen lassen, das zu tun!
Die AfD ist mit diesem fehlgeleiteten Nationalismus im Europaparlament nicht durchgekommen. Aber wohin ihre Politik führt, wird an diesem Beispiel sehr deutlich. Die betreffenden Änderungsanträge, die der AfD-Politiker Gunnar Beck eingereicht hatte, habe ich unten eingefügt. Dort steht schwarz auf weiß, wofür die AfD als Teil der Fraktion “Identität und Demokratie”, zur der auch Marine Le Pens ‘Rassemblement National’ und die italienische Lega gehören, wirklich steht.
Mit entschlossenen europäischen Grüßen
Sven Giegold
Hier können die Änderungsanträge eingesehen werden: Änderungsanträge DAC 7 Gunnar Beck AfD
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