Sven Giegold

Kommissionsvorschlag zu Banken in der Corona-Krise: Einseitige Vorschläge für Eigenkapitalerleichterungen

Heute hat Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis Vorschläge zur temporären Absenkung von Eigenkapitalanforderungen in der Corona-Krise vorgestellt. Die Kommission will damit erreichen, dass Banken trotz Krise weiter Kredite für die Realwirtschaft bereitstellen. Im Maßnahmenpaket enthalten ist ein Vorschlag zur Kompensation der Wirkung der neuen Buchhaltungsregeln (IFRS9) auf das Eigenkapital, die verhindern soll, dass die Banken jetzt schon Rückstellungen bilden müssen für erwartete Verluste in der Corona-Krise. Darüber hinaus sollen öffentlich garantierte Kredite temporär gleichgestellt werden mit garantierten Export-Krediten bei den Regeln für faule Kredite (NPL prudential backstop). Die Anwendung der Leverage-Ratio-Regeln soll um ein Jahr verschoben worden wie vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht bereits beschlossen. Zentralbankguthaben sollen Banken wie bereits in den USA und in der Schweiz  in Krisenzeiten aus der Leverage Ratio herausrechnen dürfen. Zudem sollen einige eigenkapitalerleichternde Maßnahmen der CRR2 vorgezogen werden.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Wenn die Banken jetzt Eigenkapital-Erleichterungen bekommen, dann müssen sie ihrerseits auch alles tun, um ihr Eigenkapital zusammenzuhalten. Staatliches Handeln in der Krise darf keine Einbahnstraße sein. Nicht nur Boni, Dividenden-Ausschüttungen und Aktienrückkäufe gehören gestoppt, sondern auch die Kuponzahlungen auf eigenkapitalersetzende Instrumente (“AT1”). Der Gesetzgeber muss hier eine Ansage machen, statt den Banken die Entscheidung über Ausschüttungen selbst zu überlassen. Die Empfehlung von EZB und EBA auf Dividendenzahlungen, Boni und Aktienrückkäufe zu verzichten, sollte der Gesetzgeber nun verbindlich machen und auf AT1-Instrumente ausweiten. Jede Ausschüttung heute kann den Steuerzahlern morgen sehr weh tun.

Die vorteilhaftere Behandlung von öffentlichen Garantien in den Regeln für faule Kredite stärkt den problematischen Staaten-Banken-Nexus. Ein finanzschwacher Mitgliedstaat, der jetzt viele Garantien vergibt, könnte im Fall eines Zahlungsausfalls selbst in finanzielle Schwierigkeiten geraten. 

Die vorgeschlagenen Maßnahmen erhalten wichtige buchhalterische Transparenz über faule Kredite. Durch die verzögerte Einführung der Anrechnung von möglichen Verlusten auf das Eigenkapital wird aber die Transparenz über das tatsächliche Eigenkapital der Banken beeinträchtigt.

Die neue europäische Bankenregulierung, ursprünglich gedacht für gute und schlechte Zeiten, erweist sich jetzt schon als Schönwetterveranstaltung. Weil man sich nicht an eine echte Konsolidierung des Bankenmarkts getraut hat, wurden keine ausreichenden antizyklischen Puffer aufgebaut. Im nächsten Aufschwung braucht es eine klare europäische Zuständigkeit für starke Eigenkapitalpuffer, die neue Krisen tatsächlich abfedern können.”

Link zur Pressemitteilung der EU-Kommission: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_20_740

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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