Sven Giegold

Bankenunion: Risiken reduzieren anstatt alter Wein in neuen Schläuchen

Die EU-Kommission veröffentlichte heute ihre Mitteilung zur Vollendung der Bankenunion. Die Kommission hofft damit, die Blockade ihres Vorschlags für eine europäische Einlagensicherung (EDIS) im Europäischen Parlament und im Rat zu lockern. Am langfristigen Ziel der Vollvergemeinschaftung von Risiken innerhalb einer europäischen Einlagensicherung will die Kommission festhalten. Die dazu nötigen Zwischenschritte einer Rück- und Mitversicherung sollen jedoch von einem Gesundheitscheck (Asset Quality Review) der europäischen Banken abhängig gemacht werden. Die Entscheidung über das Bestehen dieses Checks will die Kommission selbst treffen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten den Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) möglichst schnell mit einem staatlich garantierten Sicherheitsnetz (Fiscal Backstop) ausstatten. Begleitet wird die Mitteilung der Kommission von einem Bericht zur Überprüfung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM).

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Die Kommission gießt alten Wein in neue Schläuche. Mit dem Festhalten an der Vollvergemeinschaftung der Einlagensicherung gefährdet die Kommission das sinnvolle Ziel, Einlagen überall in Europa auf gleichem Niveau zu sichern. Das geht nur über eine europäische Rückversicherung. Wenn die EU-Kommission entscheiden darf, ob die Bedingungen für den Übergang von der Rück- zur Mitversicherung erfüllt sind, macht man den Bock zum Gärtner. Bei ihren Entscheidungen über Staatshilfe für italienische Banken hat die Kommission zuletzt mehrfach die bestehenden Haftungsregeln mit Füßen getreten und zugelassen, dass gutes Steuergeld schlechtem Geld hinterhergeworfen wird.

Die Europäisierung der Einlagensicherung ist grundsätzlich sinnvoll. Einen Durchbruch in den festgefahrenen Verhandlungen im Rat und im Parlament gibt es nur, wenn die Kommission konkrete Vorschläge macht, wie die Risiken im europäischen Bankensystem konsequent abgebaut werden. Bei der Verringerung der Risiken bleibt die Kommission substanzielle Maßnahmen schuldig. Die Hinterlegung europäischer Staatsanleihen mit Eigenkapital, eine strengere Verschuldungsquote für risikoreiche Großbanken sowie eine Begrenzung des Kleinrechnens von Risiken durch bankinterne Modelle fehlen im Aktionsplan der Kommission. Damit bleibt die unheilige Verquickung von Staaten und Banken vorerst bestehen.

Die Bankenunion hat in der Praxis kleine Banken übermäßig mit Bürokratie und Regulierungsanforderungen belastet, ohne dass damit die Finanzstabilität gefördert wurde. Die EU-Kommission schweigt sich dazu aus. Wir werden starke Vorschläge zur Entbürokratisierung der Bankenregulierung vorlegen.

Zu den notleidenden Krediten in den europäischen Bankbilanzen ist es zu wenig, dass die Kommission klarstellt, was ohnehin geltende Rechtslage ist: Bankenaufseher haben schon heute die Möglichkeit, von Instituten höhere Rückstellungen für bestehende faule Kredite zu fordern. Einen Gesetzesvorschlag zur Verpflichtung auf Mindestkapitalanforderungen für neue notleidende Kredite stellt die Kommission erst für 2018 in Aussicht. Vor den Risiken durch notleidende Kredite in den Bankbilanzen darf Europa nicht länger die Augen verschließen.”

 

Mitteilung der Kommission zur Vollendung der Bankenunion vom 11. Oktober 2017:

http://ec.europa.eu/finance/docs/law/171011-communication-banking-union_en.pdf

 

Bericht der Kommission zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus vom 11. Oktober 2017:

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/171011-ssm-review-report_en.pdf

 

Ursprünglicher Vorschlag der EU-Kommission zu einer europäischen Einlagensicherung (EDIS) vom 24.11.2015:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52015PC0586&from=EN

 

Schlussfolgerungen des Rates zum Aktionsplan für den Abbau notleidender Kredite in Europa vom 11. Juli 2017:

http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2017/07/11-conclusions-non-performing-loans/

 

Bericht der Untergruppe des Financial Services Committee (FSC) zu notleidenden Krediten:

http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9854-2017-INIT/en/pdf

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