Das war wirklich ein lehrreicher Spaziergang durch den Wald meines angeheirateten Onkels Martin Levin, Stadtforstmeister Göttingens. Seit 25 Jahren betreut er die 2.000 ha kommunalen Waldes in und direkt bei Göttingen. Unter den Förstern gilt er als engagierter Naturschützer. Sein Wald ist FSC zertifiziert, ein Teil steht inzwischen unter Naturschutz.
In seiner Dienstzeit sind die Bäume im Schnitt älter geworden. Das ist gut für den Klimaschutz und auch den Naturschutz. Auch der Wirtschaftlichkeit dient das langfristig, bringen doch alte, dicke Bäume mehr ein als junge, dünne. Leider ist das in Niedersachsen inzwischen die Ausnahme. Unter dem Namen „LÖWE“ (Langfristige ökologische Waldentwicklung) gibt es zwar ein hochtrabendes forstwirtschaftliches Konzept, das Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Naturschutz unter einen Hut bringen soll. Die Praxis sieht aber längst anders aus. Die Verwaltung des Landeswaldes wurde aus dem öffentlichen Dienst in die „Landesforsten Niedersachsen“ ausgegliedert. Da wird jetzt kräftig geholzt, man lässt also die Bäume nicht mehr so alt werden, wie es einem ökologischen Konzept entsprechen würde. Kurzfristdenken, wie man es von Schwarz-Gelb gewohnt ist.
Um so schöner zu sehen, dass es im Forst von Göttingen anders zugeht: Der Wald verjüngt sich natürlich, es wird nichts gepflanzt. Ziel ist, dass sich dabei die heimischen Bäume durchsetzen, die am Standort typisch sind, also Buche, Ulme, Ahorn, Eiche. Die Bäume dürfen alt werden, was viele Tiere des Waldes zu schätzen wissen. Gleichzeitig dient der Wald als Erholungsraum für viele BürgerInnen Göttingens. Sie nutzen auch fleißig ein weiteres von Martins Projekten: Die Streuobstwiese Sengersfeld. Wohl 100 Obstbaumsorten stehen hier öffentlich zugänglich und zum Probieren bereit.
Es wäre schön, wenn Forstwirtschaft überall so betrieben würde. Ganz im Sinne der BUND-Pläne für eine ökologische Waldwirtschaft: http://www.bund.net/bundnet/themen_und_projekte/naturschutz/wald/