Es ist Musik in meinen Ohren. Die Finanzminister der sechs größten EU-Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Spanien gaben am Freitagabend in Dublin eine denkwürdige Pressekonferenz. Ihre Forderungen vertreten Attac und das Tax Justice Network seit ihrer Gründung vor über 10 Jahren: Schließung der Steueroasen, automatischer Informationsaustausch für alle Kapitaleinkommen, Ende des Missbrauchs des Bankgeheimnisses zur Steuerhinterziehung, Offenlegung der tatsächlichen Nutznießer von Firmen. Unzählige Interviews, Artikel und Vorträge habe ich dazu gegeben und nun ist all das Mainstream.
Wachgerüttelt durch den Offshoreleaks-Skandal und den politischen Druck durch die einseitige Lastenverteilung der Finanzkrise hat sich insbesondere Bundesfinanzminister Schäuble von Saulus zum Paulus gewandelt. Noch vor wenigen Monaten versuchte er, ein Steuerabkommen mit der Schweiz durchzudrücken, das die Anonymität der Kapitaleinkünfte zum Standard machen wollte. Jetzt macht er Front für ein Europäisches FATCA-Abkommen nach US-Vorbild, das alle Banken und Finanzdienstleister verpflichtet, steuerlich relevante Daten automatisch in die Heimatländer der Auslandsanleger zu übermitteln. Der Widerstand gegen das Deutsch-Schweizer Steuerabkommen hat sich damit genauso ausgezahlt, wie unser langer Einsatz in der Zivilgesellschaft gegen Steueroasen.
Schaut Euch die Pressekonferenz an (leider nur Englisch) vom Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister (Ecofin) an und freut Euch genauso wie ich:
Besonders bemerkenswert ist, dass die sechs Finanzminister gleichzeitig erklärten, gegen aggressive Steuervermeidung von Großkonzernen vorgehen zu wollen. Erfreulich war auch die klare Aussage des Britischen Finanzministers Osborne: Auch die Steueroasen im Einflussbereich Londons wie die Kanalinseln müssten für volle Transparenz sorgen. Außerdem sollen die Instrumente der Bekämpfung von Geldwäsche verschärft und auch für den Kampf gegen Steuerhinterziehung nutzbar gemacht werden.
Dieser Durchbruch bedeutet jedoch nicht, dass wir uns nun zur steuerpolitischen Ruhe setzen könnten. Zum einen ist nun beim Kleingedruckten und der Umsetzung der Ankündigung jedes Misstrauen angebracht. Alle Beteiligten Minister in den USA wie in Europa standen noch vor Kurzem auf der anderen Seite der Debatte um die Steuerflucht und aggressiven Steuervermeidung. Nicht angekündigt wurde auf der Pressekonferenz zudem die konsequente Ausweitung der länderbezogenen Berichterstattung über Gewinne und Steuerzahlungen auf alle Großunternehmen. Ein klares Bekenntnis zur Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage in der EU für transnationale Unternehmen fehlte, obwohl dieser Vorschlag der EU-Kommission die Steuerschiebereien zwischen Tochterfirmen effektiv beenden würde. Auch Mindeststeuersätze und koordinierte Vermögensabgaben in Europa sind nach wie vor ein Tabu. Hier bleibt noch viel zu tun, um der Steuergerechtigkeit vollauf zum Durchbruch zu verhelfen. Die Grüne Forderung nach einem Europäischen Steuerpakt bleibt also auf der Agenda.