Im Plenum des Europaparlaments haben die Abgeordneten heute über die Verordnung zu Basisinformationsblättern für Anlageprodukte (PRIPS, Berès-Bericht) abgestimmt. Ziel der Verordnung ist ein EU-weiter rechtlicher Rahmen für Dokumente, die KleinanlegerInnen Informationen zu Finanzprodukten bereitstellen. Sie gelten insbesondere für Investmentfonds, Zertifikate, Kapitallebensversicherungen, private Rentenversicherungen und Unternehmensanleihen. Auch der Rat hat bereits seine Position verabschiedet, sodass die Trilogverhandlungen zügig beginnen können.
Zum Abstimmungsergebnis erklärt Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher und Schattenberichterstatter der Grünen im Europaparlament:
„Die heute verabschiedeten Regeln für Kurzinformationen verschaffen PrivatanlegerInnen mehr Durchblick und eine bessere Vergleichbarkeit von Finanzprodukten. Im Dschungel der Anlageprodukte bekommen sie einen prägnanten und einheitlichen Wegweiser an die Hand, der unterschiedliche Geldanlagen vergleichbar macht. Er verdeutlicht Chancen, Risiken und Kosten wichtiger Finanzprodukte und stärkt so den Wettbewerb im Interesse der Anlegerinnen und Anleger.
Das Dokument verhindert, dass bestimmte Anlageprodukte wegen langatmiger Info-Zettel im Beratungsgespräch auf dem Abstellgleis landen, während vergleichbare Produkte mit kürzerem Informationsblatt als einfacher und weniger riskant wahrgenommen werden können.
Auf Grünen Vorschlag fordert das Europaparlament ein Siegel für nachhaltige Geldanlagen. Damit könnte der wachsende Markt für ethische Investitionen einen großen Schub bekommen. Wie bei Biolebensmitteln soll ein Label den verbreiteten Missbrauch mit blumigen Worten wie “ethisch verantwortlich”, “grün”, “alternativ” usw. beenden. Die Kommission würde danach den klaren Auftrag bekommen, europaweite Standards für ein Gütesiegel zu entwickeln. Die breite parlamentarische Zustimmung ist auch ein deutlicher Wink an die Bundesregierung, die sich bei den Ratsverhandlungen dafür eingesetzt hat, dass keine Hinweise zur Nachhaltigkeit im Infodokument auftauchen sollen.
Darüber hinaus bringt das Informationsblatt Licht ins Dickicht der als Kleinanleger-Produkte getarnten Geldanlagen. Das Dokument enthält deshalb einen Warnhinweis auf besonders komplexe Produkte, um Kleinanleger auf die Gefahren hoher Komplexität hinzuweisen, ohne ihre Auswahlmöglichkeiten zu beschränken. Zudem müssen die Hersteller zukünftig nachweisen, dass Finanzprodukte den Bedürfnissen der Konsumenten dienen. Dies weißt die Verschleierungstaktik der Investmentfirmen in die Grenzen.
Mehr Durchblick auch bei den Kosten: Das Informationsblatt legt alle Abschluss- und Folgekosten offen. Eine jährliche Übersicht zur Wertentwicklung des Produkts zeigt, wie sich die eigene Geldanlage im Vergleich zu ähnlichen Produkten entwickelt hat (1). Außerdem geht das Europaparlament den Irrläufern und Blendern unter den Finanzprodukten an den Kragen. Die Europäischen Aufsichtsbehörden können zukünftig Finanzprodukte aus dem Verkehr ziehen, welche die Stabiltät der Finanzmärkte oder den Anlegerschutz gefährden.”
(1) Der Vorschlag einer jährlichen Übersicht zur Wertentwicklung der eigenen Geldanlage im Vergleich zu Konkurrenzprodukten geht zurück auf eine Idee von Prof. Roman Inderst von der Frankfurt School of Finance, die wir eingebracht haben.
Den heute abgestmmten Text des PRIPs/Berès-Berichtes finden Sie hier: http://bit.ly/I30lgJ
Welche Vorteile für Kleinanleger bringt der heutige Beschluss des Europaparlaments auf den Weg?
– Ein kurzes Informationsdokument, das die zentralen Merkmale (z. B. Ertrag und Risiko) wichtiger Anlageprodukte (Fondsprodukte, Zertifikate Lebensversicherungen, Unternehmensanleihen) veranschaulicht und vergleichbar macht.
– Entwicklung eines Siegels für nachhaltige Geldanlagen, das auf europaweit einheitlichen Standards basieren soll
– Hinweis auf komplexe Anlageprodukte, ohne die Wahlfreiheit des Anlegers einzuschränken
– Übersicht zu sämtlichen mit dem Anlageprodukt verbundenen Kosten und eine jährliche Übersicht zur Wertentwicklung der eigenen Geldanlage im Vergleich zu Konkurrenzprodukten
– Sanktionsmöglichkeiten für die Europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden, wenn Finanzprodukte die Stabilität der Finanzmärkte und den Verbraucherschutz bedrohen
– Hersteller von Finanzprodukten müssen zukünftig den Kundennutzen der Produkte gegenüber den Aufsichtsbehörden nachweisen