Sven Giegold

Erfolg für Steuergerechtigkeit: Europa schafft Transparenz bei den Helfern internationaler Steuervermeidung

Der Rat der EU-Finanzminister hat heute abschließend eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle beschlossen. Demnach müssen Steuerberater, Anwälte, Bankberater und Finanzdienstleister in Zukunft die von ihnen angebotenen Steuersparmodelle mit Auslandsbezug dem inländischen Finanzamt mitteilen. Die Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten müssen diese Daten dann automatisch untereinander austauschen.

Die Finanzminister haben heute außerdem eine neue Liste der EU von Steueroasen in Drittländern verabschiedet. Bahrain, die Marshall-Inseln sowie Saint Lucia werden von der schwarzen Liste gestrichen und auf die graue Liste der zu beobachtenden Staaten gesetzt. Stattdessen kommen Bahamas, die US-Jungferninseln sowie Saint Kitts and Nevis auf die schwarze Liste.

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Europa schafft Transparenz bei den besonders undurchsichtigen Akteuren im Steuersumpf. Das ist der richtige Fokus, denn erst durch die Hilfe von Banken, Steuerberatern oder Anwälten können Milliarden am Fiskus vorbei geschleust werden. Auch zahlreiche europäische Mittelsmänner sind auf Kosten der Steuergerechtigkeit in solche Geschäfte verwickelt. Der Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments zu den Panama Papers hat gezeigt, dass die Selbstkontrolle der Anbieter regelmäßig versagt hat. Die verstärkte Kontrolle und Transparenz bei den Helfern von Steuerdumping ist ein wichtiger Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit und ein Erfolg für das Europaparlament.

Es ist bedauerlich, dass die Mitgliedstaaten den Starttermin für die Berichtspflicht um eineinhalb Jahre verschoben haben und eine Überprüfung der Kriterien für meldepflichtige Steuersparmodellen frühestens Mitte 2022 stattfinden wird. Mit der Verzögerung erweisen die EU-Länder den ehrlichen Steuerzahlern einen Bärendienst. Die neuen Regeln sollten lieber früher als später umgesetzt werden.

Jetzt kommt es auf die deutsche Umsetzung der europäischen Vorgaben an. Wie von den deutschen Länderfinanzministern gefordert, sollte die Anzeigepflicht nicht nur für grenzüberschreitende Steuersparmodelle gelten, sondern auf inländische Steuerpraktiken ausgeweitet werden. Nach der Einigung auf europäischer Ebene muss der neue Bundesfinanzminister Scholz nun schnell die Informationspflicht auch auf rein nationale Steuerpraktiken ausdehnen. Ein Ende dubioser Steuerpraktiken kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zu Gute.”

 

EU-Finanzminister überarbeiten schwarze Liste der Steueroasen: Geschacher im Dunkeln muss ein Ende haben

“Als Steuerparadies der USA haben sich die Jungferninseln ihren Platz auf der Schwarzen Liste redlich verdient. Es ist ein wichtiges Signal an die USA, dass Europa diesen Schritt trotz der Zolldrohungen von Trump gegangen ist. Es wäre wünschenswert, wenn die europäischen Regierungen auch bei ihrer eigenen Arbeit mehr Transparenz walten ließen. Das Geschachere bei der Erstellung der schwarzen Liste der EU von Steueroasen in Drittländern ähnelt dem undurchsichtigen Treiben auf einem orientalischen Basar. Um die Glaubwürdigkeit der Schwarzen Liste wiederherzustellen, müssen alle Analysen zur Einstufung der Drittländer transparent gemacht werden. Bahamas, eines der zentralen Länder in den Enthüllungen der Paradise Papers, findet sich nun endlich auf der schwarzen Liste der Steueroasen, aber noch immer fehlen andere bedeutende Offshore-Finanzzentren.”

 

Hintergrund

Die Anzeigepflicht trifft direkt die Anbieter von Steuersparmodellen. Nur wenn der Anbieter außerhalb der EU sitzt oder einem Berufsgeheimnis unterliegt, muss der Steuerpflichtige selbst der Anzeigepflicht nachkommen. In den Verhandlungen hatte die Bundesregierung lange Zeit versucht, Steuerpflichtige ganz von der Anzeigepflicht auszunehmen, ist jedoch am Widerstand der anderen Mitgliedstaaten gescheitert. Dennoch enthält der heute beschlossene Text mehrere Abschwächungen des Kommissionsvorschlags, insbesondere die Verschiebung des Starttermins für die Berichtspflicht um eineinhalb Jahre auf Juli 2020 und der Überprüfung der Charakteristika meldepflichtiger Steuersparmodelle nicht vor Mitte 2022.

Dass sich die Informationspflicht auf grundsätzlich alle Steuerarten erstreckt ist wichtig, ebenso die Erweiterung der Bewertungsfaktoren um Verrechnungspreise und wirtschaftliches Eigentum.

 

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