Die EU braucht eine eigene Behörde gegen Geldwäsche. Das fordern die sechs Finanzminister aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden und Lettland in einem gemeinsamen Positionspapier. Olaf Scholz und seine fünf Amtskollegen wollen, dass eine europäische Geldwäscheaufsicht die nationalen Behörden im Bereich der Finanzwirtschaft koordiniert, überwacht und notfalls auch selbst einschreitet. Zur einheitlichen Auslegung in den Mitgliedstaaten sollen zentrale Aspekte der europäischen Geldwäsche-Richtlinie in eine direkt anwendbare Verordnung übertragen werden. Die europäische Aufsicht soll zunächst nur den Finanzsektor überwachen und müsse unabhängig sein. Ob man dazu eine neue Behörde aufbaut oder die Kompetenzen der bestehenden Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ausbaut, darauf legen sich die sechs Finanzminister in ihrem Positionspapier nicht fest.
Das Europaparlament fordert schon länger eine Anti-Geldwäschebehörde auf EU-Ebene, doch bei der letzten gesetzgeberischen Gelegenheit Anfang des Jahres schreckten die Mitgliedstaaten vor einer großen Lösung zurück. Stattdessen beauftragten sie die EBA mit der Koordination der Arbeit der nationalen Geldwäschebehörden. Die Entscheidungsregeln im Rat der Aufseher der EBA ließen die EU-Regierungen unangetastet, so dass Interessenkonflikte bei den Vertretern der nationalen Aufseher fortbestehen. Nach mehreren Skandalen europäischer Banken steht das Thema Geldwäsche auch auf der Agenda des nächsten Treffens aller EU-Finanzminister im Dezember.
Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:
“Die Initiative von Olaf Scholz und seinen fünf Amtskollegen für eine EU-Geldwäschebehörde ist wegweisend. Endlich agieren Deutschland und Frankreich wieder einmal gemeinsam und wollen den Kampf gegen Geldwäsche auf europäischer Ebene aufnehmen. Das über europäische Banken gewaschene kriminelle Geld ist zur Bedrohung für unsere innere Sicherheit geworden. Eine europäische Anti-Geldwäschebehörde mit Durchgriffsrechten auf einzelne Akteure wäre ein riesiger Fortschritt. Ebenso ist es richtig, verbindliche Mindeststandards bei der Kundenidentifizierung zu setzen. Die europäische Geldwäscherichtlinie lässt den Mitgliedstaaten zu große Umsetzungsspielräume und gehört durch eine verbindliche und direkt anwendbare Verordnung ersetzt. Bei ihrem Treffen im Dezember müssen die EU-Finanzminister mutige Beschlüsse gegen Finanzkriminalität fassen.
Eine europäische Geldwäscheaufsicht im Finanzbereich darf nur der Anfang sein. Gerade in Deutschland werden Immobilien im großen Stil für Geldwäsche missbraucht und treiben damit nebenbei die Wohnungspreise in die Höhe. Eine europäische Aufsicht braucht es also auch im Nicht-Finanzbereich. Vor allem ist es nicht zielführend, der EBA weitere Aufgaben zu geben, die sie wegen schwacher Entscheidungsregeln nicht ausüben kann. In den Verhandlungen zur Überarbeitung der Entscheidungsstrukturen der europäischen Aufsichtsbehörden hat sich auch Deutschland gegen bessere Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten nationaler Aufseher gewehrt. Eine echte europäische Geldwäscheaufsicht muss aber unabhängig von nationalen Interessen sein. Wenn Olaf Scholz es wirklich ernst meint mit Maßnahmen gegen Finanzkriminalität, muss er sich für eine eigenständige europäische Behörde gegen Geldwäsche stark machen.
So wichtig eine europäische Geldwäschebehörde ist, der gemeinsame Binnenmarkt erfordert zudem eine europäische Meldestelle für Verdachtsanzeigen (EU FIU) und eine europäische Finanzpolizei, die grenzüberschreitende Geldwäschefälle verfolgt. Gemeinsame Ermittlungsteams gegen grenzüberschreitende Finanzkriminalität sind im Rahmen von Europol möglich. Das Europaparlament hat diesen europäischen Dreiklang als Antwort auf die Geldwäscheskandale der letzten Jahre mehrfach gefordert. Die EU-Mitgliedsländer dürfen diese wichtigen Projekte nicht länger blockieren.”
Gemeinsames Positionspapier der Finanzminister von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden und Lettland: