Sven Giegold

Eurogruppe zu COVID-19: Finanzminister verpassen Chance für eine europäische Antwort

Gestern trafen sich die Finanzminister der Euroländer zu einer Videokonferenz. Auf der Tagesordnung stand die Reaktion der Euro-Länder auf die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19. Die Minister erzielten keine Einigung über neue kollektive oder koordinierte Maßnahmen, sondern akzeptierten lediglich die Initiativen der Kommission, der EBA und der EZB sowie die verschiedenen Maßnahmen auf nationaler Ebene. Nach Angaben der Euro-Finanzminister belaufen sich die bereits beschlossenen fiskalischen Maßnahmen auf 1% der EU-Wirtschaftsleistung und die Liquiditätshilfe auf 10% der Wirtschaftsleistung. Die Minister forderten die Flexibilität des Stabilitätspakts voll auszuschöpfen und Ausnahmen von den Regeln für staatliche Beihilfen um nationale Nothilfe zu ermöglichen.

Die grünen Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss des Europaparlament hatten die Finanzminister in einem gemeinsamen Brief zu einem entschlossenen Vorgehen aufgefordert. Die Abgeordneten fordern eine rasche Umsetzung der von der EU-Kommission versprochenen Flexibilität in den EU-Haushaltsregeln, die sofortige Aktivierung der ESM-Kreditlinien für Euro-Länder in finanziellen Schwierigkeiten, eine Kreditlinie der EIB für kleine und mittlere Unternehmen, ein grünes Konjunkturprogramm, das von der ESM finanziert wird, und einen Fahrplan für die Vollendung der Europäischen Banken- und Finanzunion. Zu den Unterzeichnern gehören Sven Giegold, Ernest Urtasun (Spanien), Damien Carême, Karima Delli, Claude Gruffat (alle Frankreich), Henrike Hahn (Deutschland), Philippe Lamberts (Belgien), Ville Niinistö (Finnland) und Kira Peter-Hansen (Dänemark).

Dazu erklären Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament und Ernest Urtasun, grüner Abgeordneter im Wirtschafts- und Währungsausschuss:

“Die Eurogruppe hat gestern keine europäische Antwort auf die Corona-Krise gegeben. Die Minister unterstützten lediglich die bereits auf nationaler und europäischer Ebene beschlossenen Maßnahmen, aber das allein reicht nicht aus. Die präsentierten Maßnahmen sind nur eine Zusammenfassung bereits beschlossener nationaler und europäischer Reaktionen auf die Corona-Krise. Jetzt braucht es eine entschlossene europäische Reaktion, die Unternehmen und Arbeitsplätze in der gesamten Eurozone gleichermaßen schützt. Die Zeit der nationalen Alleingänge ist vorbei, wenn wir eine tiefere Spaltung des Euroraums vermeiden wollen.

Die Minister müssen den Unternehmen und den Euro-Ländern schnelle und wirksame Nothilfe leisten. Die Finanzminister müssen die vorsorglichen Kreditlinien der ESM ohne neue Sparauflagen aktivieren für Mitgliedstaaten, die Opfer eines spekulativen Attacke werden. Alle Unternehmen brauchen unbürokratischen Zugang zu Notfallkrediten der Europäischen Investitionsbank oder der nationalen Förderbanken. Wenn die akute Corona-Gesundheitskrise vorbei ist, brauchen wir ein EU-weites grünes Konjunkturpaket von mindestens 3% des BIP. Wir brauchen endlich eine wirkliche Vollendung der Banken- und Fiskalunion, einschließlich gemeinsamer Anleihen, um den Euro wirklich krisenfest zu machen. Der fehlende Reformwille seit der Finanzkrise droht uns nun auf die Füße zu fallen.

Da die Eurogruppe von nun an regelmäßig telefonieren wird, fordern wir sie auf rasch alle Maßnahmen zu ergreifen, die der europäischen Wirtschaft und ihren Bürgerinnen und Bürgern helfen.”

Link zum gemeinsamen Brief der grünen Europaabgeordneten im ECON:

https://sven-giegold.de/open-letter-to-the-eurogroup-coronavirus/ 

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