Sven Giegold

Eurogruppe: Beschlossene Maßnahmen sind unzureichend zur Bekämpfung der Corona-Krise. Der Zukunftsfonds ist ein Lichtblick.

Heute gelang es den Euro-Finanzministern in einer Videokonferenz, finanzpolitische Entscheidungen zur Bekämpfung der Corona-Krise zu treffen: Eine vorsorgliche ESM-Kreditlinie  für schwer von der Krise getroffene Euroländer, zusätzliche Liquiditätshilfen für Unternehmen durch die europäische Investitionsbank, ein Vorschlag der EU-Kommission für eine zeitlich befristete europäische Arbeitslosenrückversicherung, ein niederländischer Vorschlag für Zuschüsse zu nationalen Gesundheitsausgaben und ein französischer Vorschlag für einen Hilfsfonds, der durch Ausgabe von Anleihen Mittel für die Krisenbekämpfung in den Mitgliedstaaten aufbringen könnte. Die heutigen Beschlüsse umfassen die vorsorglichen Kreditlinien des ESM im Rahmen von 2% des BIP des jeweiligen Mitgliedstaats, Liquiditätshilfen durch die EIB in Höhe von 200 Mrd Euro und die europäische Arbeitslosenrückversicherung von bis zu 100 Mrd. Euro. Hinzu kommt die Vereinbarung an einem von Frankreich vorgeschlagenen Fonds für den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu arbeiten. In ihren letzten beiden Videokonferenzen waren die Finanzminister zu keiner Einigung gekommen. Auch die Staats- und Regierungschefs hatten bei ihrer letzten Videokonferenz keine finanzpolitischen Beschlüsse gefällt und die heiße Kartoffel wieder an die Finanzminister zurückgeschoben.

Die Grünen im Europaparlament haben an diesem Montag ihren eigenen Vorschlag für Coronabonds vorgestellt. Wir fordern die Ausgabe von gemeinsamen Coronabonds mit langen Laufzeiten durch einen EU-Fonds in höhe von 1 Billion Euro, garantiert durch die Mitgliedstaaten, und gemeinsam eingerichtet durch Europaparlament und Ministerrat im Prozess der Ko-Gesetzgebung. Der grüne Vorschlag baut auf dem französischen Vorschlag auf und erweitert ihn um demokratische Mitbestimmung durch das Europaparlament statt im Intergouvernementalismus zu verbleiben. Die Mittel würden im Kontext der Corona-Krise Ausgaben dort ermöglichen, wo sie am meisten gebraucht werden. Zurückgezahlt werden sollen die Anleihen nach Ablauf von den Mitgliedstaaten gemeinsam, proportional zur jeweiligen Wirtschaftskraft.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Die Vereinbarung eines gemeinsamen Zukunftsfonds ist ein Lichtblick. Seine Verankerung im EU-Budget ist eine gute Nachricht für die europäische Demokratie. Damit kann das Europaparlament bei der Ausgestaltung des Zukunftsfonds mitgestalten. Allerdings kann der wichtige Vorschlag noch zerredet werden, weil Umfang und Finanzierung letztlich offen geblieben sind. Jetzt kommt es auf die Regierungschefs an, den Fonds wirklich auf den Weg zu bringen.

Bei der Finanzierung der akuten Kosten der Coronakrise wurde die Blamage vermieden. Es war für den Ruf Europas von großer Wichtigkeit, dass eine Einigung auf den letzten Metern geglückt ist. Die raschen Hilfen von 500 Milliarden Euro klingen viel, aber entsprechen nur maximal 4% der Wirtschaftsleistung. Auf dem Löwenanteil der Krisenkosten bleiben die Eurostaaten jeweils selbst sitzen. Der Verschuldung Italiens und Griechenlands wird stark ansteigen. Angesichts der hohen Schuldenstände wird die EZB so faktisch genötigt, mit dem Kaufprogramm von Staatsanleihen ungebremst fortzufahren. Nur die EZB kann verhindern, dass hohe Zinsforderungen Euroländer langfristig in einer wirtschaftlichen Stagnation gefangen halten.”

Die Vereinbarung der Eurogruppe:
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2020/04/09/report-on-the-comprehensive-economic-policy-response-to-the-covid-19-pandemic/

Link zum Grünen Vorschlag für EU-Solidarfonds finanziert durch Coronabonds (auf Englisch): https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2020/04/20-4-06-Greens-proposal-corona-fund-signed-2.pdf

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

Bitte teilen!