Sven Giegold

Europaparlament wehrt sich gegen Ausschluss von Frauen in der EZB

Um ein neues Mitglied für den EZB-Rat zu benennen, muss der Rat gemäß Artikel 283 Abs. 2 AEUV das Europaparlament anhören. Die dafür kurzfristig angesetzte Anhörung des Kandidaten Yves Mersch am kommenden Mondtag (10.9.2012), haben die Koordinatorinnen und Koordinatoren des Wirtschafts- und Währungsausschusses im Europaparlament einvernehmlich von der Tagesordnung genommen. In einem Brief an den Vorsitzenden der Eurogruppe Jean-Claude Juncker vom 8.5.2012, hat die Ausschussvorsitzende Sharon Bowles deutlich gemacht, dass nach Auffassung der  Abgeordneten zumindest eine weibliche Kandidatin und ein männlicher Bewerber in die nähere Auswahl kommen müssen, bevor dem Parlament ein Vorschlag unterbreitet wird. (1)

 

Die Entscheidung kommentiert Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

“Seit 2011 sitzt im EZB-Rat keine Frau mehr. Nicht nur das Direktorium besteht ausschließlich aus Männern, auch alle Zentralbanken werden im Rat und im erweiterten Rat ausschließlich durch Männer vertreten. Die Abgeordneten des Europaparlaments haben bereits im Mai darauf hingewiesen, dass für den ab Juni diesen Jahres frei werdende Sitz zumindest eine Frau in die nähere Auswahl genommen werden muss. Gemessen an der überragenden Macht der EZB in der Eurokrise ist es nicht vertretbar, dass keine einzige Frau bei ihren Entscheidungen stimmberechtigt ist. Qualifizierte Kandidatinnen gibt es genug in Europa.

Da das Parlament in diesen Besetzungsfragen lediglich angehört werden muss, haben wir hier den effektivsten Weg gewählt, unsere Position durchzusetzen und die Anhörung abgesetzt. Die EZB ist jetzt schon ein Gremium, mit sehr weitreichenden Befugnissen und eingeschränkter demokratischer Legitimation. Eine Besetzung eines so einflussreichen EZB-Postens gegen den Willen der gewählten VolksvertreterInnen, wäre ein fatales politisches Signal des Rates und ein Tiefschlag gegen die Demokratie.

Das aktuelle Direktorium der EZB besteht neben Mario Draghi als Präsident aus den Herren Vítor Constâncio (Vizepräsident), Jörg Asmussen, Benoît Cœuré und Peter Praet. Der sechste Sitz ist vakant. (2)

(1) Link zu Brief: http://is.gd/ctqt9v

(2) Liste der Mitglieder des erweiterten EZB-Rats: http://is.gd/yjI0qs

(3) Einladung an Yves Mersch D44758 – ECB appointment hearing – Mersch – FLB

(4) Ankündigung der Anhörung Juncker D44754 – ECB nomination Letter – Juncker – FLB

Mario Draghi
Präsident der EZB

Vítor Constâncio
Vizepräsident der EZB

Luc Coene
Gouverneur, Nationale Bank van België / Banque Nationale de Belgique

Ivan Iskrov
Präsident, Bulgarische Nationalbank (Българска народна банка)

Miroslav Singer
Präsident, Česká národní banka

Nils Bernstein
Präsident, Danmarks Nationalbank

Jens Weidmann
Präsident, Deutsche Bundesbank

Ardo Hansson
Präsident, Eesti Pank

Patrick Honohan
Präsident, Banc Ceannais na hÉireann/Central Bank of Ireland

George A. Provopoulos
Präsident, Bank of Greece

Luis María Linde
Präsident, Banco de España

Christian Noyer
Präsident, Banque de France

Ignazio Visco
Präsident, Banca d’Italia

Panicos Demetriades
Präsident, Zentralbank von Zypern

Ilmārs Rimšēvičs
Präsident, Latvijas Banka

Vitas Vasiliauskas
Vorsitzender des Direktoriums, Lietuvos bankas

Yves Mersch
Präsident, Banque centrale du Luxembourg

András Simor
Präsident, Magyar Nemzeti Bank

Josef Bonnici
Präsident, Bank Ċentrali ta’ Malta/Central Bank of Malta

Klaas Knot
Präsident, De Nederlandsche Bank

Ewald Nowotny
Gouverneur, Oesterreichische Nationalbank

Marek Belka
Präsident, Narodowy Bank Polski

Carlos Costa
Präsident, Banco de Portugal

Mugur Isărescu
Präsident, Banca Naţională a României

Marko Kranjec
Präsident, Banka Slovenije

Jozef Makúch
Präsident, Národná banka Slovenska

Erkki Liikanen
Präsident, Suomen Pankki – Finlands Bank

Stefan Ingves
Präsident, Sveriges Riksbank

Mervyn King
Präsident, Bank of England

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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