Sven Giegold

G20 Finanzministertreffen: Mindeststeuer löst längst nicht alle Probleme

Beim G20-Finanzministertreffen wird heute formell der globalen Mindestbesteuerung für Unternehmen zugestimmt. Dazu sagt Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament:

“Die Zustimmung der G20-Finanzminister ist eine Errungenschaft zur Eindämmung des globalen Steuerdumpings. Weitere Schritte sind aber nötig. Die Mindeststeuer löst längst nicht alle Probleme im internationalen Steuerbereich. Die Mindeststeuer ist ein Schritt einer noch langen Wegstrecke zu mehr globaler Steuergerechtigkeit. Die neuen Regeln beziehen sich auf die größten Konzerne weltweit, die Steuervermeidung anderer Unternehmen wird weitergehen. Wir brauchen einen effektiven Mindeststeuersatz für alle Unternehmen, nicht nur für die größten Konzerne. Auch Briefkastenfirmen müssen zur Kasse gebeten werden.

Die schädliche Monopolisierung in der Digitalökonomie wird auch mit Mindeststeuer weitergehen. Die Regulierung der digitalen Ökonomie ist zentral, um fairen Wettbewerb zwischen Digitalriesen und lokalem Einzelhandel zu erreichen. Die Steuerbeträge des Händlers Amazon wird auch mit der Mindeststeuer in Deutschland gering bleiben. Allenfalls Amazons Cloud Services als hoch profitables Segment fallen unter die Einigung zur globalen Unternehmenssteuerreform, nicht aber Amazons immenses Warengeschäft. Denn Amazon reinvestiert seine enormen Gewinne aus dem Versandhandel und vermeidet so Steuern. Gegen Amazons Praktiken hat der Einzelhandel in unseren Innenstädten kaum eine Chance. Wir sollten zwischen der analogen und der digitalen Wirtschaft nicht mit zweierlei Steuermaß messen. Auch das Kartellrecht, Arbeitsmarktpolitik und Sozialversicherungen müssen einen Beitrag zu fairem Wettbewerb zwischen analogen und digitalen Geschäftsmodellen leisten. Die Digitalökonomie darf nicht zum Sterben von Innenstädten führen.

Globale Ungleichheiten kann die Mindeststeuer nicht ausreichend abbauen. Die Umverteilung von Überschussgewinnen an die Länder, in denen etwa Digitalkonzerne Marktmacht ausüben, ist zu gering. Entwicklungsländer bekommen zu wenig vom globalen Steuerkuchen. Der Kampf für globale Steuergerechtigkeit ist noch lange nicht gewonnen.”

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Der meistbeachtete Teil der Einigung ist die globale Mindeststeuer. Es handelt sich hier genau genommen jedoch nicht um einen Mindeststeuersatz, sondern um eine Mindesthinzurechnung für Auslandsfirmen von Großunternehmen. Bei der Hinzurechnungsbesteuerung werden die Einkünfte von ausländischen Tochtergesellschaften beim Mutterkonzern (bspw. mit Sitz in Deutschland) besteuert, sofern eine Differenz zwischen dem effektiven Steuersatz im Ausland und dem international festgelegten effektiven Mindeststeuersatz von 15 Prozent besteht. Da es sich um eine Hinzurechnungsbesteuerung handelt, können EU-Mitgliedstaaten diese auch ohne europäische Einigung umsetzen, solange sie inländische und ausländische Tochterfirmen gleichermaßen einschließen.

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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