Sven Giegold

Gefährdung der kommunalen Wasserversorgung ist noch nicht vorbei

Momentan wird viel über die Reform der EU-Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen berichtet und diskutiert. Deutsche Abgeordnete haben fraktionsübergreifend Bedenken geäußert, dass die Richtlinie Wasserprivatisierungen im großen Stil nach sich ziehen könnte. Auch der Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative right2water bekam große Aufmerksamkeit. Daraufhin machte der Binnenmarktskommissar Michel Barnier im Europaparlament einen Kompromissvorschlag. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, der hoffentlich in den Trilogverhandlungen weiter ausgebaut werden kann. Trotzdem löst er die Probleme nicht. Denn wir gehen mit dem Verband kommunaler Unternehmen davon aus, dass trotzdem rund 400 Stadtwerke nicht den neuen Ausnahmekriterien der Richtlinie entsprechen könnten. Doch die Taktik hat funktioniert: Europaabgeordnete der FDP und der CDU sehen in dem Vorschlag jetzt keine Bedrohung mehr. Die Bundesregierung laviert bei dem Thema. Einerseits kritisiert sie den Privatisierungsdruck auf die Wasserversorgung. Andererseits hat sie jedoch grundsätzlich Unterstützung für die Richtlinie signalisiert.

Barnier betonte, dass es nicht Ziel der Richtlinie sei, den Kommunen vorzuschreiben, wie sie ihre Wasserversorgung organisieren. Sie regelt, dass alle Aufträge im Bereich öffentlicher Daseinsvorsorge europaweit ausgeschrieben werden müssen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn sie durch ein Unternehmen übernommen, das 80 Prozent seines Umsatzes in einer Kommune erwirtschaftet. Barnier räumte ein, dass dies durch die Mehrzahl der Stadtwerke in Deutschland nicht der Fall ist, obwohl sie kommunale Unternehmen sind. Nach dem Richtlinienentwurf muss die Kommune die Vergabe der Wasserdienstleistungen dann europaweit ausschreiben. Bei der schwierigen finanziellen Situation der meisten Städte und Gemeinden werden sich viele für eine Vergabe an private Unternehmen entscheiden.

Ein Grund dafür, dass viele Stadtwerke in Deutschland die 80-Prozent-Regel nicht erfüllen liegt darin, dass sie neben Wasser auch Strom anbieten. Die Stromversorgung ist bereits liberalisiert. Die Umsätze sind nicht auf eine Region beschränkt. Deshalb machte Barnier den Vorschlag, die 80-Prozent-Regel nach Sparten separat anzuwenden. Dadurch verbessert sich die Situation allerdings nicht wirklich, denn eine separate Anrechnung von Wasser bedeutet mehr Verwaltungsaufwand, der höhere Kosten nach sich zieht. Zudem gibt es viele Stadtwerke, die mehr als 20 Prozent ihres Umsatzes mit Wasserversorgung außerhalb einer Kommune erwirtschaften. Dadurch kommt es zu einer europaweiten Ausschreibung, bei der Stadtwerke schlechter abschneiden als private Großkonzerne. Die Zusammenarbeit zwischen Städten und Gemeinden im Bereich der Grundversorgung wird zusätzlich erschwert, weil sie bestimmten Anforderungen entsprechen muss. Auch Kommunen, deren Stadtwerke bereits private Anteilseigner haben, müssen die Vergabe neu ausschreiben. Nur wenige Kommunen werden derzeit finanziell in der Lage sein, diese Teilprivatisierungen rückgängig zu machen.

Sowohl an der 80-Prozent-Regel, als auch an der Ausschreibungspflicht für Stadtwerke, die private Anteilshalter haben, hielt Barnier ausdrücklich fest.

Nach Abstimmungen im Binnenausschuss des Europäischen Parlaments (IMCO) und einem Mandat aus dem Rat, stehen nun Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission bevor. Eine klare Positionierung der deutschen Bundesregierung gegen die Einbeziehung des Wassersektors in die Richtlinie, könnte die Verhandlungen in die richtige Richtung lenken.

Derweil kann die Europäische Bürgerinitiative right2water konkrete Erfolge verzeichnen: europaweit haben mehr als 1,2 Mio Menschen das Bürgerinitiative unterschrieben. Fürreine gültige Initiative müssen bis zum Herbst 2013 in sieben Ländern die vorgeschriebenen Unterschriftenzahlen erreicht werden. In den letzten Wochen haben die Slowakei als auch Slowenien ebenso wie Belgien, Deutschland und Österreich das Länderquorum erfüllt. Weitere Unterschriften erhöhen aber überall den Druck. Hier geht es zur Seite der Bürgerinitiative

Was könnt ihr tun? Verabschiedet in eurem Kommunalparlament einen Beschluss gegen Wasserprivatisierung und werbt weiter für die Bürgerinitiative! Eine Musterresolution findet ihr hier

Weitere Informationen zu den Auswirkungen der Richtlinie findet ihr hier

 

 

Rubrik: Europa vor Ort, Europaparlament

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