Die Initiatoren der Petition “Erst stirbt das Recht, dann stirbt der Mensch” haben eine positive Bilanz der ersten Online-Diskussion mit dem Ratsvorsitzenden der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, gezogen. An der zweistündigen Debatte am Mittwochabend hatten mehr als 700 Menschen teilgenommen, die damit die bisher größte Online-Veranstaltung der Kirchen in Deutschland war. “Wir freuen uns über die große Resonanz der Teilnehmer, den sachlichen Ton der Beiträge ebenso wie über die Bereitschaft des Bischofs, sich diesem Experiment gestellt zu haben. Wir bleiben dran und werden den Forderungen der Petition weiter Nachdruck verleihen”, sagte Sven Giegold, der die Petition zusammen mit Beatrice von Weizsäcker und Ansgar Gilster Anfang Juli verfasst hatte. Derweil haben mehr als 110.000 Menschen den Aufruf der drei Mitglieder im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags unterschrieben.
Der bayerische Landesbischof stellte sich klar auf die Seite des Flüchtlingsschutzes. Er verteidigte die EKD gegen Vorwürfe, sich nicht vernehmbar genug geäußert zu haben. Er weigere sich aber, einzelne Politiker zu verurteilen: „Ich verteile als Bischof keine Christlichkeitsnoten für bestimmte Personen“, sagte Bedford-Strohm. Zugleich räumte er ein, dass nicht alle Appelle der EKD Gehör fänden.
Bedford-Strohm zeigte sich zudem offen für Vorschläge, die während der Online-Diskussion an ihn gerichtet wurden. Dazu zählen:
- eine große Konferenz der EKD mit Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz, der europäischen Kirchen sowie Aktiven aus der Flüchtlingshilfe wie etwa der zivilen Seenotrettung
- ein Sichtbarmachen der vielen kirchlichen Aktivitäten etwa durch eine Internetseite, die alle Aktivitäten der Gemeinden und Werke zu Integration, Flüchtlingshilfe und Kirchenasyl auflistet und so stärkt
- ein deutliches und selbstbewusstes Eintreten für das Kirchenasyl, notfalls auch mit zivilem Ungehorsam
- eine Stärkung der Europäischen Konferenz der Kirchen zu Migrationsfragen (CCME)
- der Einsatz für das auf Malta festgesetzte zivile Beobachtungsflugzeug “Moonbird” der privaten Seenotretter von „Seawatch“: Der Ratsvorsitzende sagte zu, sich zusammen mit den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, für eine Unterstützung für die zivile Seenotrettung einzusetzen und den Vatikan um Hilfe zu bitten.
Der EKD-Ratsvorsitzende zeigte sich ferner offen für den Vorschlag eines Gipfeltreffens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kardinal Marx und Vertretern der Flüchtlingshilfe, um die drängenden Fragen etwa der zivilen Seenotrettung zu erörtern. Die Initiative hierzu müsse allerdings von der Kanzlerin ausgehen, betonte Bedford-Strohm. Die während der Online-Debatte ausgesprochene Einladung der Generalsekretärin des DEKT, Julia Helmke, zu einer derartigen Veranstaltung während des Kirchentags in Dortmund 2019 nahm der Bischof an. Ebenso nahm er die Einladung zur Fortsetzung der Online-Diskussion zu einem späteren Zeitpunkt an.
“Wir freuen uns über die Offenheit, mit der der Bischof auf die Vorschläge reagiert hat”, sagte Beatrice von Weizsäcker. Dass Bedford-Strohm einige erst prüfen müsse, sei selbstverständlich: “Wir werden ihn mit der Kraft der mehr als 110.000 Unterzeichner*innen unserer Petition unterstützen.”
Für diejenigen, die an der Diskussion nicht teilnehmen konnten, können sich diese gerne im Nachgang hier ansehen: