Sven Giegold

Höhere Zinsen gibt es erst, wenn wieder investiert wird

Die US Notenbank Fed hat sich heute entschlossen die Leitzinsen in den USA nicht zu erhöhen.

Dr. Gerhard Schick, Finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und Sven Giegold, Finanz- und Wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentieren diese Entscheidung:

„Eine Zinserhöhung der Fed wäre angesichts der immer noch bestehenden Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung zu früh gewesen. Insofern ist die Entscheidung der Fed richtig. Doch es fehlt – auch von der Fed – an einer passenden Finanzmarktregulierung, die dafür sorgt, dass die Zinsverbilligung realwirtschaftliche Wirkung erzeugt und nicht vor allem in neue Blasen an den Finanzmärkten mündet. Weil diese Elemente fehlen, drohen neue Verwerfungen an den nach wie vor instabilen Finanzmärkten. Außerdem muss dringend mehr investiert werden, um die überbordende Liquidität von den Märkten zu nehmen und um die Deflationsgefahr zu bekämpfen.

Die intensive Debatte der letzten Wochen zeigt das Dilemma der Geldpolitik. Die Welt hat sich immer noch nicht wirklich von der verheerenden Finanzkrise erholt. Die Arbeitslosigkeit in Europa ist immer noch unerträglich hoch. Die Inflationsraten sind auch in den USA deutlich unter der Zielmarke von 2%. In China ziehen bereits neue düstere Wolken auf.

Trotz niedrigster Zinsen und trotz verfallender Infrastruktur weigert sich die Bundesregierung durch eine konsequente Förderung nachhaltiger Zukunftsinvestitionen die Wirtschaft in Europa wieder in Gang zu bringen. Die Notenbanken müssen daher die Märkte mit Liquidität fluten, um ein Abgleiten in die Deflation zu vermeiden. Angesichts der hohen privaten und öffentlichen Verschuldung wäre eine Deflation fatal. Bei fallenden Preisen explodiert die Schuldenlast. Die Folge wäre eine noch tiefere Rezession.

Doch durch die niedrigen Zinsen und das Fluten mit Liquidität drohen erneute Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte. Die Bank für Internationalen Zahlungsverkehr in Basel warnt immer lauter vor den Gefahren einer neuen Finanzkrise.

Die Regierungen müssen jetzt dringend handeln. Investitionen müssen ausgeweitet werden. Die Nachfrage muss stimuliert werden. Die Arbeitslosigkeit muss endlich beherzt bekämpft werden. Zugleich müssen wir Vorsorge gegen die nächste Finanzkrise treffen. Die während der Krise geschaffenen europäischen und nationalen Institutionen für Finanzmarktstabilität sind nur zahnlose Tiger. Sie dürfen zwar Empfehlungen aussprechen, aber die Regierungen weigern sich, diesen Empfehlungen zu folgen. Wir müssen daher dem European Systemic Risk Board und der Bundesbank die Instrumente an die Hand geben, um eigenständig sogenannte makroprudenzielle Maßnahmen durchführen zu können und so aufkeimende Blasen bekämpfen zu können.“