Sven Giegold

Lobbyverband fordert Flughafen Subventionen

logo_AdvNach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes sind die Brüsseler Behörden dazu aufgefordert, das EU-Beihilferecht zu überarbeiten. In dem neusten Entwurf wird von der EU-Kommission festgelegt, wann eine öffentliche Förderung eine Beihilfe ist und wann nicht.

Der Lobbyverband der Flughäfen (ADV) hat daraufhin eine Pressemitteilung herausgegeben, in der er Subventionen für Flughäfen fordert und dies mit Verweis auf Marktlogik begründet. Ein gutes Beispiel für besonders dreisten Lobbyismus. Hier die Pressemitteilung des ADV:

„Flughafenfinanzierung – Morgen richtungsweisende Debatte im EU-Parlament zu den Beihilfe-Leitlinien – Flughafenverband ADV verlangt Änderungen am vorliegenden Kommissionsentwurf. Mit neuen Vorgaben regelt Brüssel, unter welchen Voraussetzungen Flughäfen eine Förderung der öffentlichen Hand erhalten können. In einem Umfeld, in dem in Europa von 480 Flughäfen über 400 Verluste schreiben, sind die Vorschläge der EU-Kommission aus Sicht des Flughafenverbandes ADV schlicht marktfremd.

„Der aktuelle Entwurf der EU-Kommission ist marktfremd und geht an den Erfordernissen des Luftverkehrs vorbei“, so das Urteil von Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV. In Europa schreiben von 480 Flughäfen über 400 Verluste. Die Vorschläge der EU-Kommission würden in weiten Teilen Süd- und Osteuropas zu einer Schließung der Flughäfen führen. Aber auch in Deutschland wären viele Flughäfen von der Brüsseler Neureglung betroffen. Alle deutschen Flughäfen spüren deutlich die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise, die schwierige Wettbewerbssituation der Airlines und die nationalen Belastungen durch die Luftverkehrsteuer. In einer Zeit, in der Fluggesellschaften Strecken streichen und Flughafenentgelte sinken, gelingt es aktuell nur noch sechs der 22 internationalen Verkehrsflughäfen mit einem positiven Nettoergebnis abzuschließen.

„Wenn jetzt Flughäfen ohne Berücksichtigung der Situation vor Ort und nur orientiert an starren Kriterien hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit beurteilt werden sollen, entmachtet die EU-Kommission die nationale Politik und handelt gegen jede Marktlogik. Wir appellieren daher an das Europäische Parlament, Änderungen einzufordern“, erläutert Ralph Beisel und ergänzt: „Wir brauchen in Deutschland keine neuen Flughäfen, aber eine Perspektive für unser bewährtes Flughafensystem. Wo eine wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit für einen Flughafen gegeben ist, muss bei kleinen Flughäfen auch eine öffentliche Unterstützung für einen ausreichenden Zeitraum möglich sein“. Auch die ADV spricht sich gegen dauerhafte Betriebssubventionen für Flughäfen aus. Eine Unterstützung durch die Gesellschafter muss jedoch für eine angemessene Übergangszeit von zehn Jahren möglich bleiben. Die EU-Kommission will hingegen kleineren Flughäfen nur noch unflexible Zeitfenster einräumen, innerhalb derer Betriebsbeihilfen durch die öffentliche Hand erlaubt sind.

Der Flughafenverband fordert zudem, dass auch künftig Einzelfallentscheidungen über die Förderung größerer Investitionen in Sicherheits- und Flugbetriebsanlagen möglich sein müssen. „Es ist kurzsichtig, nur nach Kriterien wie der Flughafengröße zu entscheiden. Die EU-Kommission verkennt, dass bei Infrastrukturmaßnahmen immer ein langer Atem notwendig ist. Häufig vergehen viele Jahre, bis Bauvorhaben an Flughäfen abgeschlossen und profitabel sind“, so Ralph Beisel weiter und resümiert: „Flughäfen schaffen gesellschaftlichen Wohlstand, sichern Arbeitsplätze und sind ein volkswirtschaftliches Pfund. Verantwortliche EU-Luftverkehrspolitik erfordert Augenmaß statt bürokratischer Regelwerke.“

Zusammengefasst will uns der ADV also weismachen: 400 von 480 Flughäfen in der EU sind ein wirtschaftliches Verlustgeschäft, und weil das so ist, ist es besonders marktwirtschaftlich, sie mit Subventionen künstlich am Leben zu erhalten. Marktwirtschaft nach Verständnis des ADV scheint zu bedeuten, dass SteuerzahlerInnen Flughäfen bezahlen. Man muss sich fragen, was der ADV wohl unter Planwirtschaft verstehen würde. Echte Marktwirtschaft wäre vielmehr die externen Kosten des Flugverkehrs wie Lärm, Klimaschäden, usw. einzupreisen. Dann gäbe es endlich fairen Wettbewerb mit Bahn, Auto, Fahrrad & co.

Gerade das Missverhältnis von profitablen und nicht-profitablen Standorten zeigt deutlich, dass wir in Europa ein extremes Überangebot von Regionalflughäfen haben. Gerade in meiner “Wahlkreisregion” Nordrhein-Westfalen gibt es mit den Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Münster-Osnabrück, Weeze, Dortmund und Paderborn-Lippstadt sowie den in weiterer Umgebung liegenden Standorten Kassel-Calden, Hannover und demnächst Twente/Enschede (NL) ein wirklich dramatisches Überangebot – zu Lasten von Umwelt und Natur, zu Lasten von lärmgeplagten AnwohnerInnen, zu Lasten des Klimas und nicht zuletzt dank der Subventionspraxis zu Lasten der SteuerzahlerInnen. Damit muss Schluss sein.

Deswegen begrüße ich ausdrücklich das von der EU-Kommission eingeleitete Verfahren, die Subventionspraxis beispielsweise am Standort Dortmund, wo die örtlichen Stadtwerke das Millionengrab Flughafen über die Einnahman aus ihrem Wasser- und Elektrizitätsgeschäft künstlich am Leben halten, zu unterbinden.

Wenn der ADV für marktwirtschaftliche Vernunft bei den Europäischen Flughäfen stünde, dann wäre das sehr zu begrüßen. Marktwirtschaftliche Vernunft würde nämlich zur Konsolidierung und zur Schließung etlicher Flughafenstandorte führen.

Rubrik: Achtung Lobby!, Wirtschaft & Währung

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