Die Europäische Kommission stellt heute ihre Vorschläge für eine Reform des europäischen Mehrwertsteuersystems vor. Demnach sollen grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Mitgliedsländern genauso behandelt werden wie inländische. Dann würde das Finanzamt des Herkunftslandes die Mehrwertsteuer mit dem Satz des Bestimmungslandes einbehalten und an das Finanzamt des Bestimmungslandes überweisen. Damit hofft die Kommission, den Mehrwertsteuerbetrug einzudämmen, durch den der Europäischen Union jedes Jahr Steuergelder in Höhe von rund 50 Milliarden Euro entgehen.
Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Die alte Tante Mehrwertsteuer muss europäisch werden. Seit 1993 arbeiten die Mitgliedstaaten im Grunde mit demselben veralteten System, das im digitalen Zeitalter noch nicht angekommen ist. Mangels wirksamer Kontrollen lädt das Mehrwertsteuersystem im europäischen Binnenmarkt Kriminelle zum Betrug ein. Deshalb ist die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs ebenso wichtig wie das Vorgehen gegen Steuerhinterziehung bei Unternehmenssteuern. Allein in Deutschland gingen 2015 mehr als 22 Milliarden Euro Mehrwertsteuer am Fiskus vorbei. Mit diesem Geld könnte Deutschland dringend notwendige nachhaltige Investitionen und langfristiges Wachstum finanzieren. Der deutsche Finanzminister muss sich im Rat nachdrücklich gegen diesen Steuerbetrug engagieren.
Die Pläne der EU-Kommission werden nur dann funktionieren, wenn die nationalen Steuerbehörden zuverlässig füreinander Mehrwertsteuern erheben und die Steuereinnahmen weitergeben. Solange bei Steuerfragen im Rat Einstimmigkeit erforderlich ist, können einzelne Mitgliedstaaten dringend notwendige Reformen verhindern. Bei Dauerblockade sollten die handlungswilligen Finanzminister deshalb die Kommission auffordern, einen Gesetzgebungsvorschlag nach dem Mehrheitsverfahren gemäß Artikel 116 EU-Vertrag vorzulegen. Mehrheitsentscheidungen in Steuerfragen sind so schon heute möglich.”