Sven Giegold

Defizitverfahren gegen Frankreich: Oettingers Forderung ist vorschnelle Effekthascherei

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hat per FOCUS-Interview die Einleitung des Defizitverfahrens gegen Frankreich wegen der geplanten höheren Neuverschuldung für 2019 gefordert. Gleichzeitig hat die EU-Kommission durch Gespräche die italienische Regierung zu erheblichen kurzfristigen Zugeständnissen bei ihren neuen Ausgabenplänen bewegt.

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

 

“Günther Oettingers Ansage per Vorweihnachtsinterview ist Effekthascherei. Die Voraussetzungen für ein Defizitverfahren liegen noch nicht vor. Die EU-Kommission führt derzeit mit Frankreich Gespräche über die Einhaltung der europäischen Regeln. Dabei muss Frankreich sicherstellen, dass es nicht zu einer Erhöhung des strukturellen Haushaltsdefizits kommt. Eine kurzfristige Abweichung bei den Haushaltsdefiziten ist im Rahmen des präventiven Arms des Stabilitätspakts zulässig. Wenn sich dagegen das strukturelle Haushaltsdefizit substantiell verschlechtert, gilt für Frankreich das gleiche wie vor kurzem für Italien: Sanktionen sind schon wegen der Verletzung der Schuldenregeln direkt möglich. Die EU-Kommission darf sich nicht dem Vorwurf aussetzen, Frankreich hier anders zu behandeln als Italien.

 

Oettinger handelt unkollegial und schädlich, schon vor Abschluss der Gespräche Frankreich zu verurteilen. Oettinger zündelt direkt vor Weihnachten an der deutsch-französischen Freundschaft. Wer die Einhaltung europäischer Regeln fordert, sollte sich selbst an die europäischen Regeln halten. Einen deutschen Zuchtmeister braucht die EU-Kommission nicht.

 

Selbstverständlich gilt wie für Italien auch für Frankreich: Kein Land steht über dem europäischen Recht, egal wie groß es ist. Frankreich muss sich an die europäischen Regeln halten. So kann auch Frankreich sozial sinnvolle Mehrausgaben solide finanzieren, etwa durch höhere Einnahmen für Vermögende. Hier muss die Kommission weiter Druck machen und darf auch keine Sanktionen ausschließen.”

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