Sven Giegold

Offener Brief: An die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, die an dem „Kleinen Gipfel“ mit Barack Obama teilgenommen haben

Offener Brief

An die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, die an dem „Kleinen Gipfel“ mit Barack Obama teilgenommen haben

David Cameron, François Hollande, Angela Merkel und Matteo Renzi.

 

Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren,

aufgrund Ihrer herausgehobenen Rolle in der europäischen Politik wenden wir uns an Sie in einer äußerst dringlichen Angelegenheit: Es geht darum, das Ersticken Griechenlands und seiner demokratisch gewählten Regierung unter dem Druck ständiger Schuldendienstnachforderungen der Verhandlungspartner zu verhindern.

Die desaströse humanitäre Situation in Griechenland ist seit langem bekannt. Dazu kommen die außergewöhnlichen Lasten, welche die Griechische Bevölkerung mit der Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten trägt. In dieser Situation braucht Griechenland wirkliche Unterstützung seiner europäischen Nachbarn und keine zusätzlichen Sparauflagen. Die Zeit drängt: Damit überhaupt noch eine Politik der Krisenbewältigung in Griechenland betrieben werden kann, sind unverzügliche Schritte unabdingbar. Sie haben es in Ihren Händen, den Zusammenbruch politischer Handlungsfähigkeit in Griechenland zu verhindern.

Angesichts der geschilderten Probleme braucht Griechenland kurzfristig zusätzliche Finanzmittel. Zugleich soll eine Abkehr von der Griechenland aufgezwungenen Krisenstrategie erfolgen. Wie die vorangegangenen Programme gleicht das dritte Hilfsprogramm einer Rosskur, die weder Griechenland noch den Gläubigern nutzt. Besonders schädlich sind die im dritten Hilfspaket enthaltenen überzogenen Anforderungen an die kurz- und mittelfristigen Haushaltsziele, die sich an einem zu erzielenden Primärüberschuss von 3,5% der griechischen Wirtschaftsleistung ab 2018 festmachen. Nach Jahren der Entbehrung und des wirtschaftlichen Zusammenbrechens jetzt weitere Sparanstrengungen zu fordern ist politisch realitätsblind, ökonomisch nicht gerechtfertigt und der griechischen Bevölkerung nicht zuzumuten.

 

Wir fordern Sie daher auf, gegenüber den verantwortlichen Institutionen der EU und den die Verhandlungen mit Griechenland Führenden durchzusetzen,

 

(1) dass alle bisher vereinbarten Raten der Kreditgewährung an Griechenland plangemäß zur Sicherstellung des Schuldendienstes ausgezahlt werden und keine Forderungen nach neuen Sparauflagen mehr erhoben werden,

 

(2) dass Griechenland zusätzliche Finanzhilfen zur Bewältigung der humanitären Krise der eigenen Bevölkerung und der Geflüchteten in Griechenland erhält,

sowie

 

(3) dass noch in diesem Jahr eine Umstrukturierung der griechischen Schulden in eine für das Land erträgliche Form (langfristige Schuldpapiere mit niedriger Verzinsung) eingeleitet wird. Bei der zugrundeliegenden Beurteilung der Schuldentragfähigkeit sind die überzogenen Vorgaben an die kurz-und langfristigen Haushaltsziele abzusenken.

 

Hochachtungsvoll

 

Nicola Acocella, Roma, Italia, economist

Elmar Altvater, Berlin, Deutschland, political economist, member of the scientific council of ATTAC (Germany)

Antoine Artous, Paris, France, political scientist

Étienne Balibar, Paris, France, philosopher

Jacques Bidet, Paris, France, philosopher

Hans-Jürgen Bieling, Tübingen, Deutschland, political scientist

Joachim Bischoff, Hamburg, Deutschland, sociologist and journalist

Andreas.Botsch, Berlin, Deutschland, economist

Reiner Braun, Berlin, Deutschland, Co-President of the International Peace Bureau (IPB)

Michael Brie, Schöneiche, Deutschland, philosopher

Andrea Brock, Hürth, Deutschland, international relations

Judith Butler, Berkely, Calif., USA, philosopher

Claude Calame, Paris, France, social anthropologist

Mario Candeias, Berlin, Deutschland, political scientist

Patrice Cohen-Séat, Paris, France, lawyer, honorary president of Espaces-Marx

Laurence Cox, Dublin, Eire, sociologist

Alexis Cukier, Strasbourg, France, philosopher

Rolf Czeskleba-Dupont, Hvalsø, Danmark, geographer

Bo Dahlqvist, Waterloo, Belgie/Belgique, ###

Georgios Daremas, Athens, Hellas, member of the Executive Committee of Attac-Hellas

Nick Dearden, London, Great Britain, campaigner, director of a democratic justice organisation

Judith Dellheim, Berlin, Deutschland, political economist

Andreas Diers, Bremen, Deutschland, historian

Sebastian Dullien, Berlin, Deutschland, economist

Rolf Eckart, München, Deutschland, ###

Roland Erne, Dublin, Eire, Senior Lecturer, School of Business, University College Dublin

Trevor Evans, Berlin, Deutschland, economist

Jean Louis Fabiani, ###, France, ###

Karl Fischbacher, Wien, Österreich, Labournet-Austria

Hans-Peter Gase, München, Deutschland, member of “Sozialforum München”

Dorothea Härlin, Berlin, Deutschland, member of „Berliner Wassertisch“

Gustav Horn, Düsseldorf, Deutschland, economist

Claus-Dieter König, Brussel/Bruxelles, Belgie/Belgique, ###

Joachim Klein, Offenbach, Deutschland, political theory and philosophy

Jürgen Klute, Herne, Ex-MdEP, Deutschland

Sudhir Kumar, Chennai, India, architect

Jeremy Leaman, Loughborough, Great Britain, European Political Economy

Steffen Lehndorff, Duisburg, Deutschland, social researcher

Jürgen Leibiger, Radebeul, Deutschland, economist

Brian Leslie, Tunbridge Wells, Great Britain, economist

Jakic Ljubomir, Bruxelles, Belgique/Belgie, journalist

Camille Louis, Paris, France, philosopher and dramaturgist

Alberto Martínez Sánchez, Valencia, España, Vicepresident of ATTAC in the Valencia Region

Angie Mathieu, Paris, France, student/squatter

Hans Misselwitz, Berlin, Deutschland

Kalypso Nicolaïdis, Oxford, Great Britain, International Relations

Dagmar Paternoga, Bonn, Deutschland, Council Member of ATTAC Germany

Bruce Robbins, New York, NY, USA, English and Comparative Literature

Michelle Riot-Sarcey, Paris, France, historian

Thomas Sablowski, Frankfurt a.M., Deutschland,political scientist

Pierre Salama, Paris, France, Latin-American studies

Thomas Sauer, Jena, Deutschland, economist

Patrick Saurin, Paris, France, Spokesperson for the French Union Sud Solidaires BPCE

Gesine Schwan, Berlin, Deutschland, political scientist

Mechthild Schrooten, Bremen, Deutschland, economist

Ursel Schumm-Garling, Berlin, Deutschland, sociologist

Lynne Segal, London, Great Britain, psycho-social Studies

Jai Sen, New Delhi, India, Director of CACIM – India Institute for Critical Action: Centre in Movement

Francis Sitel, ###, France, ###

Boaventura de Sousa Santos, Coimbra, Portugal, social scientist

Dieter Spöri, Berlin, Deutschland, former minister of economics

Rolf Sukowski, Berlin, Deutschland, Vorsitzender OWUS e.V.

Barbara Spinelli, MdEP, Roma, Italia

Axel Troost, MdB, Leipzig, Deutschland, economist

Hans-Jürgen Urban, Frankfurt a. M., Deutschland, Board of the Metalworkers’ Union

Marie-Dominique Vernhes, Hamburg, Deutschland

Lode Vanoost, Sint-Genesius-Rode, Belgie/Belgique, former Deputy Speaker of the Belgian House of Representatives

Guido Viale, Milano, Italia, economist

Immanuel Wallerstein, New Haven, Conecticut, USA, social scientist and social historian

Angela Wigger, Nijmegen, Nederlands, international political economist

Ulrich Wilken, Deutschland, Frankfurt a. M., MdL

Frieder Otto Wolf, Berlin, Ex-MdEP, Deutschland, Philosoph

Harald Wolf, MdA, Berlin, Deutschland

Andrea Ypsilanti, MdL, Frankfurt am Main, Deutschland

Gabi Zimmer, MdEP, Werder, Deutschland

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament