Sven Giegold

Out of contol? Banken, Versicherungen, Wertpapiere

Meine Inspektionsreise bei den neuen EU-Finanzaufsehern

Nach dem Ausbruch der Finanzkrise in 2008 wurde auf europäischer Ebene schnell beschlossen, dass die Krise auch durch uneffektive Finanzaufsicht begünstigt wurde. Zügig wurde beschlossen, vier neuen EU-Finanzaufsichtsbehörden einzurichten. Banken, Versicherungen, Wertpapiere & Börsen sollten nun europäisch koordiniert beaufsichtigt werden. Zusätzlich sollte ein „Rat für Systemrisiken“ das Große-Ganze im Auge behalten. Als dann die EU-Kommission ihre Gesetzgebungsvorschläge zur Einrichtung der vier Behörden machte, wollten etliche Mitgliedsländer davon nichts mehr wissen. Im letzten Jahr war ich einer von vier Europaparlamentariern, die die Regeln für die neuen EU-Finanzaufsichtsbehörden verhandelten. Gemeinsam ist es uns parteiübergreifend gelungen, die Widerstände im Rat zu brechen und die Behörden sogar mit noch weiteren Kompetenzen auszustatten. Seit März 2011 sind die Präsidenten und Exekutivdirektoren im Amt und bauen die Institutionen auf. Auf der Basis von Vorläuferorganisationen wird nun das Personal eingestellt. Grund genug für mich als ehemaligen Berichterstatter für die Börsen- und Wertpapieraufsichtbehörde (ESMA) nun nach dem Rechten zu sehen: Wie setzen die Behörden das gesetzliche Mandat um? Machen sie nun ernst mit einer europäischen Finanzaufsicht. Welche Schwierigkeiten ergeben sich? Brauchen sie politische Unterstützung?

 

Dienstag, den 28. Juni 2011

Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in London

Im „Tower 42“ in der ehrwürdigen Londoner „Old Broad Street“ befindet sich die EBA. Keine EU-Fahne erwartet den Besucher am Eingang, nicht einmal ein Schild verweist auf die Institution, in der über den Zustand des EU-Bankensystems entschieden wird. Ausgerechnet im Tower 42, dessen Hausnummer ja bekanntlich die Antwort auf die letzten Fragen ist.

Auf der EBA-Etage des Towers angekommen, finden sich wenige Gemeinschaftsbüros, in denen geschäftiges Treiben herrscht. Zusammengepfercht in Großraumbüros arbeiten dort wenige Duzend Bankenexperten am Aufbau der EU-Bankenaufsicht. Energetisches Zentrum ist aber fraglos ein kleiner, vielleicht 25 qm großer Raum, in dem um einen großen Tisch herum auf acht Computern die Daten des EU-Bankenstresstests auf Excel-Sheets verarbeitet werden. Dichtgedrängt arbeitet ein kleines Team an der Datenverarbeitung. Nur einer von Ihnen arbeitete schon länger bei der Vorläuferbehörde CEBS, alle anderen sind gänzlich neu bei der EBA. Kaum zu glauben, dass in diesem kleinen Raum über das Schicksal des Europäischen Finanzsystems entschieden wird. Denn Bankendaten, die hier für korrekt gefunden werden, werden wohl wieder kaum angezweifelt. Daten, die unplausibel erscheinen, werden zurückgeschickt und müssen von den Banken bzw. ihren nationalen Aufsichtsbehörden korrigiert werden.

Von diesem Team hängt die Zukunft des Europäischen Bankensystems ab. Sie koordinieren den EU-Bankenstresstest
Von diesem Team hängt die Zukunft des Europäischen Bankensystems ab. Sie koordinieren den EU-Bankenstresstest.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit EBA-Exektuivdirektor Farkas und EBA-Präsident Enria.
Mit EBA-Exektuivdirektor Farkas und EBA-Präsident Enria.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In diesem Raum entscheidet sich die Zukunft des Europäischen Finanzsystems: In einer Art Workshop-Atmosphäre fließen hier die Daten der EU-Banken im Rahmen des Stresstests zusammen. Fast alle Mitarbeiter sind neu bei der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA).
In diesem Raum entscheidet sich die Zukunft des Europäischen Finanzsystems: In einer Art Workshop-Atmosphäre fließen hier die Daten der EU-Banken im Rahmen des Stresstests zusammen. Fast alle Mitarbeiter sind neu bei der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Postfächer der nationalen Bankaufsichtsbehörden. Hier zeigt sich das zentrale Probleme: Bei EU-Großbanken sind sie alle gleichzeitig mit der Aufsicht über das gleiche Institut befasst.
Die Postfächer der nationalen Bankaufsichtsbehörden. Hier zeigt sich das zentrale Probleme: Bei EU-Großbanken sind sie alle gleichzeitig mit der Aufsicht über das gleiche Institut befasst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittwoch, den 29. Juni 2011

Europäische Börsen- und Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) in Paris

ESMA ist gerade umgezogen. Mitten im Zentrum von Paris, im 7. Arrondissement, in einem ehemaligen wunderschönen Postamt Viele Kisten waren noch unausgepackt. Viele Räume noch völlig ungenutzt. In anderen saßen einzelne MitarbeiterInnen in Räumen, die für 6 oder 8 Arbeitsplätze boten.

In einem alten Postamt hat ESMA Büroräume für eine wachsende Organisation angemietet.
In einem alten Postamt hat ESMA Büroräume für eine wachsende Organisation angemietet.

 

 

 

 

Ein typischer Büroraum bei ESMA. Eine Organisation im Aufbau.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Raum zur Aufsicht über die Ratingagenturen. 11 Personen arbeiten derzeit an der Registrierung und dann Aufsicht über die Ratingagenturen. Ende Juli sollen alle registriert sein. Dann kommen die wirklich interessanten Fragen auf den Tisch: Angekündigt sind harte Untersuchungen, auch zum Verhalten der Ratingagenturen während der Eurokrise.
Der Raum zur Aufsicht über die Ratingagenturen. 11 Personen arbeiten derzeit an der Registrierung und dann Aufsicht über die Ratingagenturen. Ende Juli sollen alle registriert sein. Dann kommen die wirklich interessanten Fragen auf den Tisch: Angekündigt sind harte Untersuchungen, auch zum Verhalten der Ratingagenturen während der Eurokrise.

 

 

 

Verena Ross, Exekutivdirektorin von ESMA, mein Mitarbeiter Johannes Wölfing und ich vor der Tür von ESMA. Ein schönes Schild haben sie noch nicht.

 

 

 

Hier die ökonomische Analyse....