Heute entscheiden die Wirtschafts- und Finanzminister der EU im Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN), ob sie den Teil zur Geldwäschebekämpfung vom restlichen Gesetzespaket zur Überarbeitung der Europäischen Finanzaufsicht abtrennen. Treffen sie diese Entscheidung, so beabsichtigen die Minister den Geldwäsche-Teil im interinstitutionellen Dialog zügig abzuschließen. Über den Rest des Pakets inklusive Aufgaben, Governance und Finanzierung der Europäischen Finanzaufsicht sollen die Gespräche lediglich fortgeführt werden. Das Legislativpaket umfasst die Verordnung der drei Europäischen Aufsichtsbehörden (Europäische Bankaufsichtsbehörde, Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung sowie Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, kurz: ESAs), mehrere Rechtsvorschriften für den Finanzsektor und die Verordnung des ESRB (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken). Das Europäische Parlament hat Anfang Januar seine Verhandlungsposition zum gesamten Paket festgelegt und seine Bereitschaft signalisiert, die Verhandlungen zu allen Teilen aufzunehmen und zügig abzuschließen. Der Zeitplan für die interinstitutionellen Verhandlungen ist eng gesteckt, denn eine Einigung muss vor Ende der Wahlperiode im Mai 2019 erzielt werden, um eine erhebliche Verzögerung und Wiedereröffnung nach den Europawahlen zu vermeiden. Wenn der Rat die Abtrennung des Geldwäsche-Teils heute beschließt, besteht das Risiko, dass eine Einigung zu den Bereichen Kompetenzen, Governance und Finanzierung der europäischen Finanzaufsichtsbehörden vor der Europawahl nicht mehr zustande kommt.
Dazu sagt Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:
“Die europäischen Wirtschafts- und Finanzminister müssen sich heute dazu durchringen, das gesamte Legislativpaket zur Überarbeitung der europäischen Finanzaufsicht abzuschließen. Die Abtrennung der Geldwäscheregeln vom Gesamtvorschlag ist weder notwendig noch sinnvoll. Der Rat hatte bereits im Dezember Gelegenheit, auf Basis eines österreichischen Kompromisses eine gemeinsame Position zu beschließen. Die willkürliche Spaltung kurz vor einer Einigung der Mitgliedsländer widerspricht der vertrauensvollen Zusammenarbeit der europäischen Institutionen. Bessere Regeln zur Geldwäschebekämpfung sind wenig wert ohne eine gleichzeitige Stärkung der Kompetenzen, Unabhängigkeit und Ressourcen der europäischen Aufseher. Nur so wird sichergestellt, dass die Regeln auch überall in Europa angewendet und durchgesetzt werden.
Die Bundesregierung stand beim Thema europäische Finanzaufsicht im Rat viel zu lang auf der Bremse und ist für das teilweise Scheitern heute mitverantwortlich. Deutschland geht beim Thema europäische Finanzaufsicht eine unheilige Allianz mit den Ländern mit laxer Finanzaufsicht ein und stellt sich damit wieder einmal gegen Frankreich. Angesichts der heutigen Unterzeichnung des Aachener Vertrags zur deutsch-französischen Zusammenarbeit ist das ein Trauerspiel. Wer sich wie Deutschland hinter die Kapitalmarktunion stellt, darf sich einer starken europäischen Finanzaufsicht nicht versperren. So setzt man die eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Die Blockade des österreichischen Kompromisses durch Frankreich war ein gut gemeinter Versuch für eine stärkere Ratsposition. Letztendlich ist die Strategie Frankreichs für eine stärkere Governance der ESAs nicht aufgegangen, so dass wir am Ende ohne jeden Fortschritt dastehen könnten.
Mit der Trennung riskiert der Rat, dass das gesamte Legislativpaket auf der Strecke bleibt. Das Parlament wird wohl kaum die Kastrierung der eigenen Position hinnehmen. Der Rat verhindert damit, dass Verbraucher und Unternehmen schon bald von einer stärkeren europäischen Finanzaufsicht profitieren.”
Link zur Verhandlungsposition des Europäischen Parlaments: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=REPORT&mode=XML&reference=A8-2019-0013&language=EN
Link zur Ratsposition zum Geldwäsche-Teil: http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-15569-2018-ADD-1/en/pdf