Sven Giegold

Fondslobby gibt sich geschlagen

Die großen deutschen Anbieter von Aktienfonds beugen sich dem öffentlichen Druck und verzichten „freiwillig“ auf Abzocke mit intransparenten Gebühren, sogenannten „Performance Fees“. Über ein Jahr habe ich dazu Wirbel gemacht. Jetzt ist die Arbeit von Erfolg gekrönt und erspart den Anlegerinnen und Anlegern zumindest einen hohen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr.

Sieben Jahre Mindesthaltedauer steht auf den meisten Prospekten deutscher Aktienfonds. Die verrückten Gebühren sind ein Grund, weshalb sich Aktienfonds für Kleinanleger nicht rechnen.  5% Ausgabeaufschlag, 1,5% jährliche Verwaltungsgebühr und dann noch die absurdeste Erfindung der letzten Jahre: Performance Fees. 25% des sogenannten “Erfolges” musste der Anleger an den Fondbetreiber abgeben. An sich klingt es ja wie eine gute Idee, Erfolg zu belohnen und nicht fixe Gebühren bei Misserfolg zu zahlen. Leider nur wurden in Deutschland dank der Marktmacht der vier großen Anbieter deka (Sparkassen), Union Investment (Volks- und Raiffeisenbanken), DWS (Deutsche Bank) und Allianz Global Investors die Performance Fees auf die sowieso schon viel zu hohen fixen Gebühren aufgesattelt und so gestaltet, dass ein Fonds mit hoch volatilen Ergebnissen zur Gebührendruckmaschine wurde.

Verbraucherschutz und die Sorge um die Stabilität des Finanzmarkts haben uns Grüne im Europaparlament in unserem Kampf gegen die Performance Fees angetrieben. Zähe und harte Arbeit mit eindeutig schlagenden Argumenten hatte letztes Frühjahr dazu geführt, dass sich der Wirtschafts- und Finanzausschuss des Europaparlaments für eine Neurege­lung ausgesprochen hatte: Performance Fees sollten nur noch echten und langfristigen Erfolg belohnen und deshalb symmetrisch gestaltet werden.

Aus Angst um ihre auf einen dreistelligen Millionenbetrag geschätzten Pfründe scheute die deutsche Fondslobby nicht vor unkonventio­nellen Mitteln zurück. Völlig uner­wartet stimmte das Europaparlament letzten Sommer dank des seltenen Schulterschlusses aus Kommu­nisten und Europäischer Volkspartei (CDU/CSU) und Liberalen gegen die Empfehlung des Wirtschaftsaus­schusses. Ein Pyrrhussieg für die Lobby. Warum sollten wir Grüne auch aufhören zu kämpfen, wenn die Argumente so eindeutig auf unserer Seite waren. Monatelange Bearbeitung der Presse halfen, die breite Öffentlichkeit zu mobilisieren. Denn inzwischen galten für in Deutschland aufgelegte Fonds neue Regeln zur Begrenzung von Fondsgebühren der Bafin. Doch die Fondsgesellschaften legen viele Fonds in Luxemburg auf und vertreiben sie in Deutschland, ohne die deutschen Verbraucherschutzregeln anzuwenden. Die europaweite Regelung hatten Konservative und Liberale im Europaparlament ja verhindert.

Doch der Plan zum Schaden der AnlegerInnen ging nicht auf. Vor Weihnachten strichen mit deka und Allianz die ersten beiden Anbieter die Segel und diese Woche haben auch noch die Deutsche Bank und die Volks- und Raiffeisenbanken klein beigegeben. Auch für ihre Luxemburger Fonds gelten nun die Regeln der Bafin. Auch wenn die sonst so allmächtige CDU ihre schützende Hand über diese Gebührenschneiderei halten wollte: Lügen haben kurze Beine. Dummdreiste Abzocke darf sich jetzt nicht mehr als Pseudo-Erfolgs-Gebühr ausgeben.

Wir Grüne werden weiter dafür kämpfen, dass Verbraucherschutz mit stabilen Finanz­märkten einhergeht. Placeboregulierung, die der Öffentlichkeit Sand in die Augen streut und die Banken weiter öffentlich subventioniert ihr Casino betreiben lässt, werden wir nicht tolerieren. Den Schulterschluss von Finanzlobby, CDU und FDP mag noch so innig sein. Steter Tropfen höhlt den stärksten Stein.

 

Dazu hier der Artikel aus der SZ vom 3.2.2014:

logo_szEnde der Abzocke

Union und DWS streichen freiwillig „Erfolgsgebühren“

Frankfurt – Die Fondsgesellschaften Union und DWS geben nach: Beide Unternehmen werden künftig keine unfairen „Erfolgsgebühren“ mehr von den Anlegern verlangen. Die Süddeutsche Zeitung hatte im Dezember berichtet, dass die beiden Fondsgesellschaften über ein Schlupfloch in Luxemburg die deutsche Gesetzgebung umgehen. Hierzulande ist es seit Juni 2013 verboten, Anlegern eine sogenannte Performance Fee zu berechnen. Diese Praxis hatte die Finanzaufsicht Bafin unterbunden, weil sie in ihren Augen unfair gegenüber dem Anleger ist.

Allerdings gilt die Regel nur für Fonds, die in Deutschland aufgelegt sind – nicht für solche, die in Luxemburg aufgelegt sind. Freiwillig hatten sich die Fondsanbieter Deka und Allianz Global Investors daher schon Ende vergangenen Jahres dazu verpflichtet, diese Regel auf alle Publikumsfonds anzuwenden. Union, eine Tochter der Genossenschaftsbanken, und die Deutsche-Bank-Tochter DWS hatten diese Anpassung zunächst verweigert. Jetzt ziehen sie nach: „Wir werden die deutschen Regeln auch in Luxemburg anwenden“, bestätigen Sprecher von Union und DWS.

Hinter den „Erfolgsgebühren“ steckt ein Trick: Sie fallen immer dann an, wenn ein Fonds einen bestimmten Vergleichswert schlägt – etwa wenn ein Aktienfonds bessere Renditen abwirft als der Leitindex Dax. So zahlen Anleger zusätzlich, wenn sich der Fonds gut entwickelt, sie bekommen aber nichts zurück, wenn es schlecht läuft. Für die Fonds ist das lukrativ: Sie schneiden bei jedem kurzfristigen Erfolg mit. Dadurch werden riskante Strategien belohnt. Nach den Bafin-Regeln müssen die Anbieter Misserfolg und Erfolg fünf Jahre lang aufrechnen. Dadurch gleichen sich gegenläufige Bewegungen aus, der Anleger muss weniger bezahlen.

„Besser spät als nie. Ich freue mich, dass die vier führenden Anbieter freiwillig die deutschen Standards für alle Kunden anbieten“, sagt Sven Giegold. Der Grünen-Abgeordnete im Europäischen Parlament hatte sich für die Abschaffung der Erfolgsgebühren eingesetzt und verbucht mit dem Zugeständnis der Fondsgesellschaften einen klaren Erfolg.

Für die Anbieter ist das Zugeständnis durchaus schmerzhaft. Pro Fondshaus geht nach Informationen aus Finanzkreisen jährlich ein „mittlerer zweistelliger Millionenbetrag“ verloren – ein Betrag, der direkt den Anlegern zugute kommt. Die größte Belastung durch den Verzicht auf Erfolgsgebühren soll Union haben; wie viel Geld dem Haus durch die Anpassung entgeht, will man dort jedoch nicht sagen. Die Prospekte werden im Lauf des Jahres verändert. Sicher ist: Es gab großen Druck innerhalb der Branche, auf die unfairen Gebühren zu verzichten. Denn wenn der Eindruck entsteht, dass Fondshäuser ihre Kunden unfair behandeln, fällt das auf alle zurück.

Offiziell begründen die Fondshäuser die Umstellung damit, dass sich nun abzeichnet, dass es auf europäischer Ebene zu einer ähnlichen Regelung kommen werde. Solange dies unklar gewesen sei, habe man noch abgewartet. Ob diese EU-weite Regelung über die deutsche Gesetzgebung hinausgeht, ist aber noch offen. Grünen-Abgeordneter Giegold wünscht sich das. Zentral ist in seinen Augen ein längerer Durchrechnungszeitraum. Er sieht die Erfolgsgebühren jedoch nur als Anfang: „Das ist ein erster Schritt, um den Wildwuchs bei intransparenten Gebühren einzuebnen. Wir müssen EU-weit einen stärkeren Anlegerschutz verankern.“ Andrea Rexer

 

Weitere Beiträge von mir zum Thema Erfolgsgebühren/Performance Fees finden Sie nachfolgend:

Mein Gastbeitrag im Handelsblatt: Genossen in der Steueroase

SZ: Union Invest & DWS: Fondsgesellschaften zocken Kunden bei Gebühren ab

Interview mit finanzen.net: Fondsgebühren – Abzocke mit Performance Fees

Mein Gastbeitrag im Handelsblatt: Vorsicht Propaganda – Was uns Fonds einflüstern

 

 

Rubrik: Unkategorisiert, Wirtschaft & Währung

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