Sven Giegold

Süddeutsche: Meine harte Debatte mit Allianz-Chef Rieß

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Süddeutsche Zeitung, 29.01.2014

 

Versicherer: Transparenz genügt nicht

Von Friederike Krieger, Bergisch-Gladbach – Die Politik wird die Versicherer erst dann in Ruhe lassen, wenn es ihnen gelingt, ihre Kosten zu senken und den Kunden so eine höhere Rendite zu ermöglichen. Das erklärte Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen im Europa-Parlament, auf dem Versicherungstag der Süddeutschen Zeitung in Bergisch-Gladbach. „Wenn es kein Angebot von Seiten der Versicherungswirtschaft gibt, wie sich die Kosten senken lassen, wird die Diskussion immer weiter gehen“, sagte Giegold, der Mitglied des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Parlaments ist.
Auf EU-Ebene sind die Vertriebskosten und Provisionen in der Lebensversicherung schon länger unter Beschuss. So wurde unter anderem auch ein Verbot von Provisionen diskutiert. Bei der Überarbeitung der EU-Vermittlerrichtlinie, die derzeit ansteht, ist allerdings bisher nur von einem geplanten Zwang zur Offenlegung der Vermittler-Vergütung die Rede. Giegold reicht das nicht aus. „Transparenz ist gut, kann die Problematik aber nicht vollständig lösen“, sagt er. Wenn der Kunde zum Beispiel wisse, wie viel Provision ein Bankmitarbeiter für eine fondsgebundene Police bekomme, helfe das nur bedingt, seine Motivation zur Vermittlung eines bestimmten Produkts zu ergründen. „Der Kunde weiß dann trotzdem nicht, dass ein Aktienindexfonds billiger wäre.“

Attraktiv findet er das schwedische Modell zur zusätzlichen privaten Altersvorsorge. Für den Kunde ist diese Vorsorge obligatorisch, er hat allerdings die Wahl, ob er das Geld in einen Staatsfonds investiert oder sich einen privaten Anbieter sucht. Der Wettbewerb zwischen den beiden Systeme sorge dafür, dass die privaten Anbieter wie der Staatsfonds den Kunden eine hohe Rendite bei niedrigen Kosten biete. „Ein öffentliches Angebot, das den Wettbewerb befeuert, wäre gut“, sagt Giegold.

Markus Rieß, Vorstand bei der Allianz Deutschland, bezweifelte, dass der Staat eine ähnliche Kapitalanlage-Expertise an den Tag legen könne wie private Anbieter und eine gute Rendite erwirtschaften könne. „Es stimmt, dass wir kostenbewusster handeln müssen, aber es stimmt nicht, dass alles zu teuer ist“, sagte er. Die Nachkostenrendite der Lebensversicherer sei nach wie vor gut. Eine zu starke Verringerung der Vertriebskosten würde dazu führen, dass sich die Vermittlung von Versicherungen nicht mehr lohne. Dadurch würde wiederum die Versorgung der Bevölkerung mit Altersvorsorgeprodukten leiden.

Rieß Reaktion ist symptomatisch für die Versicherungsbranche. Derzeit betonen Versicherer zwar gern, dass sie sich ändern müssen – nur um allzu unbequeme Änderungen mit einem Verweis auf die wirtschaftliche Bedeutung der Versicherungswirtschaft gleich wieder auszuschließen. Angesichts der niedrigen Zinsen ist ihr Geschäftsmodell unter Druck: Es fällt den Unternehmen immer schwerer, die Garantien zu erwirtschaften, die sie ihren Kunden zugesagt haben. „Wir müssen uns an das geänderte Umfeld anpassen und wir müssen es schnell tun“, sagte auch Mario Greco, Chef des italienischen Versicherers Generali. Er glaubt, die Versicherer müssen mehr in Sachen Digitalisierung tun, neue Produkte entwickeln und an ihren Kosten arbeiten.

Ähnlich sieht das auch Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft und Chef des Versicherungs- und Bausparkonzerns Wüstenrot & Württembergische. Bei allem Verbesserungsbedarf dürfe man die Lebensversicherung auf keinen Fall schlecht reden, betont er. „Die Versicherer ermöglichen ein professionelles Kapitalanlagemanagement, Sicherheit und Rendite“, erklärt er.

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