Sven Giegold

Taxonomie: Kontroverse Abstimmung über Klassifikation für nachhaltiges Finanzwesen

Im Pariser Klimaabkommen verspricht die Welt, die Finanzströme mit dem globalen Klimaziel in Einklang zu bringen. Um dies zu erreichen, müssen sich auch nachhaltige Investitionen von einer Nische zu einem neuen Standard entwickeln. Deshalb hat Bas Eickhout (Grüne, Niederlanden) als Berichterstatter des Europaparlaments für das Gesetz über die Klassifizierung („Taxonomie“) für nachhaltige Investitionen gemeinsam mit Sozialdemokraten, Liberalen und Linken im Europäischen Parlament den Gesetzentwurf der EU-Kommission in drei wesentlichen Punkten verbessern wollen. Doch bei der Abstimmung der zuständigen Ausschüsse für Wirtschaft (ECON) und Umwelt (ENVI) vorletzte Woche hat auf Initiative von Abgeordneten der Christdemokraten und der Rechtskonservativen eine knappe Mehrheit gegen eine ehrgeizige Klassifizierung zur Ökologisierung des Finanzsektors gestimmt.

Wir haben die Chance, das unbefriedigende Ergebnis auf Plenarebene zu korrigieren. Denn an diesem Donnerstag, 28. März, stimmt das Plenum des Europäischen Parlaments über die finale Parlamentsposition ab. Wir Grüne wollen den Gesetzentwurf der Kommission in vier wesentlichen Punkten verbessern:

 

Erstens, sollte sich das Rahmenwerk zur Förderung nachhaltiger Investitionen nicht auf diejenigen Investoren beschränken, die bereits etwas Gutes für unseren Planeten tun wollen. Stattdessen sollten die Maßnahmen alle Finanzmittel erfassen und Finanzströme zunehmend in nachhaltige Aktivitäten lenken. Aus diesem Grund schlagen wir vor, die Anwendung der Taxonomie auf eine breite Palette von Finanzprodukten auszudehnen und nicht nur ein spezifisches Umweltkennzeichen für nachhaltige Finanzmarktprodukte zu definieren.

 

Zweitens sollte sich das Rahmenwerk zur Förderung nachhaltiger Investitionen nicht darauf beschränken, nachhaltige Investitionen zu definieren, sondern auch die umweltschädlichsten Investitionen benennen. Dies wäre ein starkes Signal an öffentliche und private Investoren: Ausgaben für Kohleverbrennung, Schiefergewinnung oder Massentierhaltung dürfen niemals in einem nachhaltigen Finanzprodukt auftauchen.

 

Die nachfolgende Offenlegung nachhaltiger Anlagen wird für mehr Transparenz sorgen und so den Druck auf umweltschädliche Wirtschaftsbereiche erhöhen. Diese Transparenz sollte sich nicht nur auf die Kapitalmärkte beschränken, sondern auch Bankkredite umfassen, über die sich die europäische Wirtschaft vorrangig finanziert. Dazu wollen wir die Taxonomie in die EU-Bilanzrichtlinie für Großunternehmen integrieren. Kleine und nicht-komplexe Unternehmen sollen aber vereinfachten Regeln unterliegen, um überbordende Bürokratie zu vermeiden..

 

Drittens wollen wir verhindern, dass nicht-nachhaltige Investitionen als nachhaltig gekennzeichnet werden („Greenwashing“). Aktuell versuchen viele Marktteilnehmer und Politiker, die Definition von „nachhaltig“ auf inakzeptable Weise zu erweitern. Damit wollen sie für alle möglichen Investitionen eine günstige aufsichtsrechtliche Behandlung bekommen oder politisch schwierige Wirtschaftsreformen zu verzögern. Wenn die EU eine Investition als nachhaltig definiert, muss Konsens darüber bestehen, dass damit keine saubere Kohle, keine nachhaltige Kernenergie oder grüne Gasinfrastruktur gemeint sein kann. Deshalb wollen wir Investitionen in fossile Brennstoffe, fossile Infrastrukturen und Kernenergie ausdrücklich aus der Liste „nachhaltiger Investitionen“ ausschließen.

Investitionen von heute bestimmen, wie nachhaltig unsere Wirtschaft in dreißig Jahren sein wird. Nachhaltiges Investieren sollte nicht mehr die Ausnahme, sondern die Norm sein. Wir dürfen uns dabei nicht vor schwierigen Entscheidungen zur Bekämpfung umweltschädlicher Investitionen scheuen. Deshalb appelliere ich an alle Mitstreiter, für die Unterstützung unserer Grünen Vorschläge zu werben.